Wie „Putins Pipeline“ die EU entzweit und die USA empört
Kaum etwas auf der Welt, so möchte man meinen, ist langweiliger als eine Gaspipeline, die Russland und Deutschland verbindet.
Doch rund um die knapp vor der Fertigstellung stehende „Nord Stream 2“ herrschte schon helle Aufregung, da war noch nicht einmal das erste Rohr verlegt. Nach dem Giftattentat auf den russischen Dissidenten Alexej Nawalny rückt die Pipeline nun einmal mehr ins Blickfeld.
Heftig tobt die Diskussion in Deutschland: Soll die Regierung in Berlin das elf Milliarden Euro schwere Pipeline-Projekt als Strafe für Russland kippen?
Oder soll Deutschland wie geplant einen Großteil seines Gasbedarfes aus der Pipeline beziehen, egal, wie der Kreml mit seinen Oppositionellen umgeht?
OMV als Co-Finanzinvestor
Auch die österreichische OMV hängt ungewollt in dieser Diskussion mit drinnen. Der heimische Mineralölkonzern ist einer der fünf westeuropäischen Finanzinvestoren der Pipeline. 729 Mio. Euro hat die OMV nach eigenen Angaben bereits bezahlt.
Hinter „Nord Stream 2“ steht der russische Staatskonzern Gazprom und damit Staatschef Wladimir Putin. Über zwei Stränge mit insgesamt 2.400 Kilometern sollten eigentlich schon seit Ende vergangenen Jahres 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas (pro Jahr) bis ins deutsche Greifswald transportiert werden.
In etwa die gleiche Gasmenge kommt schon seit 2011 über die Nord Stream 1 in Deutschland an.
Protest in Osteuropa
Schon jetzt bezieht die EU 38 Prozent ihres Gasbedarfes aus Russland. Mit der „Nord Stream 2“ wäre es dann mehr als die Hälfte – dagegen laufen mehrere europäische Staaten Sturm.
Polen, Schweden und die drei baltischen Staaten sind gegen die Pipeline. Sie beharren darauf: Die Abhängigkeit Europas von „Putins Pipeline“ werde damit zu groß.
Befürchtet wird auch, dass Putin die Gasleitung gegen Kiew einsetzt: Bisher läuft ein Teil der russisch-europäischen Gasversorgung durch die Ukraine. Mit Nord-Stream 2, die die Ukraine umgeht, könnte Putin dem Nachbarn beim nächsten Streit das Gas abdrehen – ohne die EU zu beinträchtigen.
Gegner USA
Der größte Feind der Pipeline sind die USA. Vor Präsident Donald Trump war schon sein Vorgänger Barack Obama gegen das Projekt vom Leder gezogen. Mit Druck, Drohungen und zuletzt Sanktionen haben die USA die Fertigstellung der Pipeline verzögert – 160 Kilometer fehlen noch. Auch ihr Argument lautet: Europa begebe sich in eine gefährliche Abhängigkeit von Russland.
Hinter dem harten Kurs der USA aber stehen handfeste Wirtschaftsinteressen: Statt russichem Gas soll Europa mehr verflüssigtes Erdgas aus den USA übernehmen. Lange war das durch Fracking gewonnene Erdgas aus den USA wegen zu hoher Kosten nicht wettbewerbsfähig.
Doch die Kosten sind dramatisch gesunken. Besonders Polen hat sich zuletzt zu einem ernst zu nehmenden Abnehmer von Flüssiggas aus den USA entwickelt.
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