Wie Italien seine Touristen zurückgewinnen will
Dass die Griechen den Italienern die Touristen wegschnappen, geht auf keinen Fall. 2019 positionierte sich Italien an vierter Stelle unter den meist besuchten Ländern weltweit. „Jetzt buchen die Amerikaner, die normalerweise uns besuchen, ihren Urlaub in Griechenland“, sagt Bernabò Bocca, Vorsitzender des Hotellerie-Dachverbandes Federalberghi. Athen hat am Montag mitgeteilt, dass ab 14. Mai Touristen willkommen seien, ohne Quarantänepflicht, nur mit negativem Corona-Test/Impfzeugnis.
Tourismusminister Massimo Garavaglia hatte Anfang April auf die Frage, wann Italien wieder ausländische Touristen ohne Test- und Quarantänepflicht empfangen werden könne, so geantwortet: „Der französische Präsident Emmanuel Macron hofft, dass sein Land am 14. Juli, also am Nationalfeiertag, soweit ist. Unser Fest der Republik fällt auf den 2. Juni, wollen wir hoffen, dass das unser Datum ist.“ Seitdem hat er sich zum Thema nicht mehr geäußert und auf Athens Ankündigung auch nicht reagiert.
Impf-Debatte
Wahrscheinlich, weil er gerade alle Hände voll zu tun hat. Die Idee, es den Griechen nachzumachen und auch in Italien die Bewohner der kleineren Inseln bei der Impfkampagne vorzuziehen, damit die Touristen kommen können, hat für heftige Reaktionen seitens der Präsidenten vieler Regionen gesorgt. „Es kann nicht sein, dass einige Regionen bevorzugt werden“, wetterte Stefano Bonaccini, Präsident der Region Emilia-Romagna. Warum sollten Ischia, Capri, Pantelleria, die Äolischen Inseln und Elba Touristen empfangen können, während besonders die bei den Jugendlichen beliebten Badeorte wie Rimini und Riccione leer ausgehen, fragte sich der Politiker.
Der Protest ist parteiübergreifend. Bonaccini ist von der Demokratischen Partei. Der Präsident der Region Veneto, Luca Zaia, gehört zur Lega und antwortet auf die Frage, was er von der Idee seines Parteifreundes Garavaglia halte, sarkastisch: „Ich bin voll und ganz für Covid-freie Inseln. Unsere heißt Veneto.“
Plexiglas-Boxen
am Strand (kamen nicht), Online-Buchungen für Liegen – die Italiener kämpften auch schon vergangenes Jahr mit kuriosen Ideen um Gäste. Der Tourismus ist wichtige Säule im Land
62 Millionen Touristen
besuchten Italien im Jahr 2019, ließen dort insgesamt 46,37 Milliarden Euro liegen – und trugen somit zu 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bei
10 Millionen
besuchten die Hauptstadt Rom, das mit großem Abstand vor Mailand (6,48 Mio.) als beliebtestes Urlaubsziel Italiens galt
Der Veneto sei nämlich die „Ferieninsel“ schlechthin. Von den Dolomiten und dem Gardasee, über die Kunststätte Venedig bis hin zur Adriaküste biete sie eine Vielfältigkeit, wie keine andere in Italien. Auch Zaia fürchtet die Konkurrenz der Covid-freien Inseln, besonders was die Adriaküste betrifft. 2019 zählte der Veneto 71 Millionen Übernachtungen, davon knapp 30 Millionen am Meer. „Ein Phänomen, das besonders den deutschen und österreichischen Besuchern zu verdanken ist, die voriges Jahr aber um 54 bzw. 61 Prozent gesunken sind“. Insgesamt hat der Veneto 2020 68 Prozent seiner ausländischen Besucher eingebüßt.
Smart Working und Dolce Vita
Für Garavaglia ist die ganze Aufregung nur ein Sturm in einem Wasserglas. Zu zeigen, dass auch in Italien diese Möglichkeit bestehe, sei doch eine ausgezeichnete Marketing-Kampagne, ist er sich sicher.
Während sich die Politik streitet, versucht die Branche zu retten, was noch zu retten ist und versucht, doch noch einen Teil der ausländischen Touristen für Italien zu gewinnen. Der Tourismusverband Emilia-Romagna startet eine TV-Werbekampagne mit Dolce-Vita-Flair im deutschen Fernsehen. Florenz wirbt mit „Smart-Working-Angeboten“, die längere Aufenthalte in der Kunststadt der Renaissance ermöglichen sollen.
Der Verband der Reiseagenturen erwägt auch, bei kurzfristigen Absagen und Buchungsänderungen keine Stornierungskosten zu berechnen. Doch ohne offizielle Beschlüsse seitens der Regierung lassen die Buchungen aus dem Ausland freilich weiterhin auf sich warten.
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