„Das war in der Nacht, und ich habe ihn dann in der Früh in Schwechat besucht, um zu sehen, wie es einem Amtskollegen in einer solchen Situation geht. Er war fix der Ansicht, ich hätte ihm die Möglichkeit zur Landung in Wien eröffnet, und war auch nicht vom Gegenteil zu überzeugen.“
Die Folge: Bei einem Staatsbesuch in „Evo-Land“ wurde Fischer 2015 ein großer Empfang bereitet, Morales bedankte sich für den „besonderen Freundschaftsdienst“.
Ob der Rücktritt des bolivianischen Präsidenten unvermeidlich gewesen sei, will Fischer nicht beurteilen: „Es wurden bei der Wahl (20. Oktober) Unregelmäßigkeiten behauptet. Es gab auch unterschiedliche Beurteilungen, ob eine neuerliche Kandidatur (nach zwei Perioden) der Verfassung nicht widerspreche, obwohl sich Morales da auf ein – allerdings umstrittenes – Gerichtsurteil stützen konnte. Wir hierzulande haben klare Regeln, die befolgt werden.“
Klar sei, dass es in Bolivien keine „Demokratie wie in Österreich oder der Schweiz“ gebe, betont der Altpräsident. Man müsse freilich die Situation des Andenstaates im gesamt-lateinamerikanischen Kontext betrachten: „Und wenn ich da Morales mit dem brasilianischen Staatsoberhaupt Jair Bolsonaro vergleiche, schneidet Morales gar nicht schlecht ab, sondern besser.“
Auf der Habenseite des nun zurückgetretenen Bolivianers verbucht Fischer vor allem drei Punkte: „Er hat sich sehr bemüht, die Situation der Bauern zu verbessern, zumal der Kokabauern. In diesem Zusammenhang hat er sich gegen pauschale Verbote ausgesprochen.
Zum anderen gab es deutliche Fortschritte im Bildungsbereich und bei der Armutsbekämpfung. Und er hat als erster indigener Präsident des Landes die Lebensbedingungen dieser Volksgruppe angehoben.“
"Niemand ist unersetzbar"
Auf die Frage, ob Morales dem Andenstaat und dem Kontinent als politischer Kopf fehlen werde, meinte Fischer: „Niemand ist unersetzbar. Umgekehrt weiß man nie, ob etwas Besseres nachkommt.“
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