Wie die Republikaner zu Trump zurückgekrochen kommen
Entplattformt: Die Welt hat jetzt seit neun Tagen kein Wort mehr von Donald Trump gehört. Er hat nicht nur das Weiße Haus verlassen müssen, sondern auch Twitter, Facebook, Instagram und YouTube.
Donald Trump ist leise. Aber er ist nicht inaktiv. Ohne seine Social Media Posts ist man auf offizielle Fotos angewiesen, die seinen "Palast" in Florida verlassen. Und das war so eines:
Donald Trump mit dem Minority-Leader der Republikaner im Repräsentantenhaus. In einer Presseaussendung hieß es, dass das Treffen zwischen Trump und McCarthy "gut und herzlich" war und dass man unter anderem darüber gesprochen habe, bei den Mid-Term-Elections 2022 die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückgewinnen zu wollen.
Vorwärts, in die Vergangenheit
Noch vor wenigen Wochen galt der Ex-Präsident als "radioaktiv", selbst für die meisten Parteifreunde. Nachdem am 6. Jänner ein wütender Mob das Kapitol gestürmt hatte, mutmaßlich angestachelt durch die Worte des Präsidenten Trump, wandte sich ein großer Teil der Republikaner und Republikanerinnen von Trump ab. Oder zumindest mied man, in seiner Nähe verortet zu werden.
Kevin McCarthy sagte damals, Trump trage die "Verantwortung für die Ereignisse. Der Vorsitzende der Senatsminorität, Mitch McConnell, sagte am 19. Jänner, zwei Wochen nach dem Sturm aufs Kapitol: "Der Mob wurde mit Lügen gefüttert." Und beschuldigte eindeutig Donald Trump: "Die Menschen wurden vom Präsidenten und anderen mächtigen Menschen."
McConnell hat seit dem 15. Dezember nicht mehr mit Trump gesprochen, schreibt die US-Zeitung Politico. Über seine Position im Impeachment-Verfahren gegen den Ex-Präsidenten wird weiter spekuliert. Zehn republikanische Abgeordnete stimmten im Repräsentantenhaus für Trumps Amtsenthebung. Für einen Erfolg des Verfahrens im Senat sieht es derzeit allerdings nicht gut aus.
Besser mit Trump
So sehr sich die Republikaner in den vergangenen drei Wochen versuchten, aus dem für manche abgründigen Dunstkreis des Ex-Präsidenten zu entfernen, dürfte die Grand Old Party mittlerweile zu dem Schluss gekommen sein, dass es mit Trump besser geht als ohne.
Jene Republikaner, die nach der verlorenen Wahl auf eine Erneuerung der Partei hofften - zurück zu den alten konservativen Werten, fernab von Trumps Poltereien - dürften enttäuscht werden.
Denn die freundlichen Gesichter, die Trump und McCarthy bei dem Treffen in Mar-a-Lago machten, sprachen eine andere Sprache. Die Republikanische Partei dürfte nach einigen Tagen des Abstands eine Kurve zurück zu Trump machen: "Wir brauchen einander. Wir brauchen ihn und seinen Beitrag und seine Wähler auf jeden Fall “, zitiert Politico Jonathan Barnett, Republikaner aus Arkansas.
Wählerbasis und Geld
Das beruht offenbar auf Gegenseitigkeit: "Er braucht uns auch", fügte Barnett hinzu. Die Annäherung kam für manche überraschend. Doch Beobachter können sie sich leicht erklären. Die GOP hat Sorge, die Wählerbasis zu verlieren, die Trump so geschickt zu mobilisieren lernte.
Außerdem soll Trump mit seinem Super PAC "Save America" die nötige finanzielle Hilfe bieten. PACs sind in den USA übliche "political action comittees", mit denen vor allem vor Wahlen Millionen Dollar an Spenden gesammelt werden können.
Mit dem Verlust von Trump würde ein großes Spenderpotenzial wegbrechen. "Das ist der den Weg des geringsten Widerstands", sagte ein Partei-Stratege gegenüber Politico. "Es hat keinen wirklichen Vorteil, diesen Krieg zu führen."
Gegnerinnen in der Partei
Doch lange nicht alle stehen hinter dem neuen Schwenk der Republikaner-Spitze im Repräsentantenhaus. "Ich finde, es war ein großer Fehler", sagte etwa die frühere Kongressabgeordnete Mia Love gegenüber CNN. Für die Partei wäre es längst an der Zeit, "aufzustehen, und eine neue Führung" zu installieren.
Dass die Grand Old Party in zumindest zwei Flügel gespalten ist, dürfte bekannt sein. Nicht nur die zehn Republikaner und Republikanerinnen, die sich im Kongress für ein Impeachment ausgesprochen haben, halten gegen den Trump Flügel. Eine der prominentesten Gegnerinnen Donald Trumps in der eigenen Partei ist Liz Cheney, Kongressabgeordnete und dort dritthöchste Republikanerin. Sie bekommt derzeit die (finanzielle) Macht des Pro-Trump-Flügels zu spüren, der online und live alle Hebel gegen sie in Bewegung setzt.
Am Donnerstag etwa hielt ihr Partei-"Freund", der Kongressabgeordnete Matt Gaetz, in ihrem Heimatbundesstaat Wyoming eine Kundgebung ab, in der er Cheney hart attackierte. Er habe "gestern" mit Donald Trump gesprochen, sagte er dort. Er will sie - mit Trumps Hilfe - aus ihrer Führungsposition bei den Republikanern drängen.
Es zeigt: Donald Trump ist in der US-Politik präsenter, als sein Schweigen auf Social Media glauben lässt.
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