Auch Indien, Südkorea, Südafrika und Australien hat Johnson eingeladen – als Zeichen, dass sein Land für aufstrebende Mächte offen ist. Und die Küstenkulisse wird ihm erlauben, die britische Seefahrts- und Handelstradition zu beschwören.
„Dass sich die größten Demokratien hier treffen, um die größten Probleme zu diskutieren, passt zu seiner Vision des globalen Großbritannien, das Wind in den Segeln hat“, erklärt Raffaello Pantucci vom Royal United Services Institute dem KURIER. „Aber hinter dieser Erzählung verstecken sich Brexit-Anlaufprobleme, Pandemie und die britische Kürzung der Entwicklungshilfe, die eine Realität unruhigen Fahrwassers widerspiegeln.“
Experten erwarten, dass US-Präsident Joe Biden am Donnerstag bei seinem ersten Treffen mit Johnson, den er einmal als Donald-Trump-Klon bezeichnet hatte, seine Sorge um den Frieden in Nordirland betonen wird. Johnson will die „besondere Beziehung“ mit den USA bekräftigen. Ein Sprecher sagt, der Premier wolle den Ausdruck vermeiden, sehe aber die USA als „engsten Verbündeten“.
Tim Bale, Politologe an der Queen Mary Universität London, erwartet eine Charmeoffensive unter vier Augen: „Johnson würde alles sagen, wenn es ihm hilft.“ Danach muss er hoffen, Kritik an seiner Nicht-Einhaltung internationaler Verträge und Versprechen hinter dem Gipfel verstecken zu können. Medien warnen etwa vor einem „Würstelkrieg“ mit der EU. Das Brexit-Abkommen verbietet ab Juli die Lieferung britischer Würste aus anderen Landesteilen nach Nordirland.
Auch die Extinction Rebellion will Johnson mit G7-Protesten einen Strich durch die Rechnung machen. Für geschätzte 81 Millionen Euro wurden deshalb 5.000 zusätzliche Polizisten nach Cornwall geschickt. Anrainer beschweren sich über Straßensperren und Stahlzäune.
Was Biden plant
Vielleicht will Boris Johnson auch deshalb beim G7-Gipfel mit verbindenden Themen aufgeigen. So ruft er zu einem „Marshall-Plan“ für den Klimaschutz und der Impfung der gesamten Weltbevölkerung bis Ende 2022 auf. Cornwall soll aber nicht nur die Boris-Show werden. Seine neue Gattin Carrie soll erstmals eine tragende Rolle spielen und Beziehungen zu U.S. First Lady Jill Biden aufbauen, etwa bei einer Tour im Tate St. Ives Museum.
Vom G7-Treffen fliegt der amerikanische Präsident zum NATO-Gipfel in Brüssel am Montag, einem EU-Treffen, und spricht am Mittwoch in Genf mit Russlands Wladimir Putin.
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