Wie Berlusconi weiter mächtig bleiben will
Aus Mailand Andrea Affaticati
Wie es dem 84-jährigen italienischen Ex-Premier Silvio Berlusconi gesundheitlich geht, ist ungewiss; nach einer Covid-19-Erkrankung musste er mehrmals ins Spital. Umso hitziger sind aber die Nachrichten, die seine Partei Forza Italia (FI) betreffen und auf eine Plattform aller starken Rechtsparteien hinauslaufen.
Das bisher letzte Beispiel: In einem Interview mit dem Corriere della Sera plädierte der Cavaliere für eine Einheitspartei, in der seine FI, Matteo Salvinis rechtsnationale Lega und Giorgia Melonis Rechte Fratelli d’Italia (Fd’I), die aus den Neofaschisten hervorgingen, bis 2023 fusionieren sollen – da findet (regulär) die nächste Parlamentswahl statt.
Einen Namen für diese Gruppierung hätte er auch schon: „Centrodestra italiano“, italienische Mitte-rechts-Partei. „Wobei mir auch der Name ‚Centrodestra Unita‘ zusagen würde“, führte Berlusconi weiter aus. „Die Abkürzung CdU hätte den Vorteil, dass die deutsche CDU gleichsam auf unser Modell hinweist.“ Das Mitte-rechts-Lager müsse natürlich stark mit den liberalen, christlichen und europäischen Werten verankert sein, „also mit denen der Europäischen Volkspartei, auf die Forza Italia nie verzichten wird“, betonte der italienische Ex-Premier.
Zwist bei Berlusconis?
Berlusconis Vorstoß passierte vor dem Hintergrund eines Berichts in der linksliberalen Wochenzeitung L’Espresso. Darin hieß es, seine zwei ältesten Kinder Marina (54), Vorsitzende der Familien-Holding Fininvest, und Pier Silvio (52), Vorsitzender des Medienimperiums Mediaset, seien es leid, für die finanziellen Schwierigkeiten der Forza Italia aufzukommen. Laut dem Magazin soll die FI im Laufe der Jahre einen Schuldenberg von 100 Mio. Euro angehäuft haben.
Auf diesen Artikel hatte Silvio Berlusconi umgehend reagiert und dessen Inhalt als totalen Humbug bezeichnet. Wie allerseits bekannt sei, so der Cavaliere, würden sich seine Kinder „nur um die Verwaltung seiner Unternehmen kümmern“. Und abgesehen davon sei es er und niemand anderer, der „am Ende die Entscheidungen trifft“.
Im Corriere della Sera-Interview weist er stolz auf die glorreiche Vergangenheit der FI und auch auf seine hin – wenngleich die Partei mittlerweile auf sieben Prozent geschrumpft ist. Daher seine Idee einer Einheitspartei, „nach dem Modell der amerikanischen Republikaner“.
Giorgia Meloni, Vorsitzende der Rechten von Fratelli d’Italia (Fd’I), hat bereits dankend abgelehnt. Der rechtsnationale Lega-Chef Matteo Salvini reagierte überrascht. Er selber hatte vor ein paar Wochen ein Bündnis, aber keine Einheitspartei vorgeschlagen.
Ob an dem Bericht über den familiären Zwist der Berlusconis etwas dran ist, wird sich noch zeigen. Und auch, ob Salvinis Überraschung über die Idee einer Einheitspartei wahr oder gespielt war. Fakt ist, dass der Lega-Boss vorigen Sonntag sofort nach Arcore gefahren ist, um mit Berlusconi über die Zukunftspläne zu reden. Denn auch wenn er, Salvini, höchstwahrscheinlich zum Vorsitzenden der neuen Partei werden würde, wirklich begeistert scheint er davon nicht.
Neofaschisten im Hoch
Salvini weiß nur zu gut, dass er nicht zu Berlusconis Wunscherben gehört. Zu verschieden sind sie. Berlusconi verwendet (im Vergleich zum hemdsärmeligen Salvini) lieber Samthandschuhe, um seine Macht auszuüben, der Rechtspopulist die Keule. Einst gab es aber einen jungen Politiker, dem der Cavaliere gerne sein Lebenswerk anvertraut hätte: Matteo Renzi, doch der befand sich im entgegengesetzten Polit-Lager.
Jetzt bleibt Berlusconi aber keine Wahl mehr, will er weiter ein Wörtchen mitzureden haben. Und genau genommen sieht es auch für Salvini so aus, will er vermeiden, dass Giorgia Meloni und ihre rechte Fd’I zur stärksten Partei im Mitte-rechts-Lager wird.
Vor dem desaströsen Wahlergebnis, das Marine Le Pen am Sonntag bei den Regionalwahlen in Frankreich eingefahren hat, sahen die Chancen für Berlusconis CdU gar nicht schlecht aus. Immerhin hat sich Salvini in letzter Zeit zahmer gezeigt. Doch wird er diesen Kurs halten? Es heißt nämlich, viele ehemalige Le-Pen-Wähler hätten ihr den Rücken zugewandt, weil sie ihnen nicht mehr radikal genug gewesen sei.
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