Wegen Facebook-Posts über Orbán: Festnahmen in Ungarn

HUNGARY-HEALTH-VIRUS-ORBAN
Ein 64-Jähriger schrieb auf seinem Profil über einen "Diktator" ein Oppositioneller kritisierte die Spitalspolitik. Kritik unerwünscht?

András schrieb auf Facebook an “unseren lieben Diktator” und bat ihn, die Einschränkungen nicht gleich einen Tag nach dem angenommenen Höhepunkt der Coronavirus-Verbreitung zu lockern. Das würde “tausende in den Tod schicken”. “Du bist ein eiskalter Tyrann, aber merke dir, alle Diktatoren bis jetzt sind gescheitert”, schrieb der 64-jährigem Ungar am 28. April auf seinem Facebook-Profil.

Tage später stand um 6 Uhr Früh die Polizei vor András’ Tür. In der Hand ein Durchsuchungsbefehl. Sie nahmen ihn mit und verhörten ihn, wie das ungarische Nachrichtenportal 444.hu berichtet. Wenige Stunden später war András wieder frei.

“Sie fragten mich, wen genau ich einen Diktator nannte”, sagte der Mann dem Medium. Er habe nichts bestritten, denn “nichts davon behindert den Kampf gegen das Virus“, sagt András. In dem Post seien keine “News“, geschweige denn “Fake News“, deren Verbreitung die ungarischen Behörden seit Inkrafttreten des Notstandsgesetzes im März mit Haftstrafen belegen können.

Ähnlich erging es János Csóka-Szűcs. Der Oppositionsaktivist von der Partei Momentum hatte am 20. April via Social Media die Räumung von Krankenhausbetten für Coronavirus-Infizierte thematisiert: "Auch in Gyula wurden 1.700 Betten geräumt", hatte er geschrieben. Ein Fakt, sagen Oppositionspolitiker. "Panikmache", sagt die Regierung.

András K. und János Csóka-Szűcs erhielten keine Strafe. Er habe nicht gegen das Gesetz verstoßen, ließen die Beamten András wissen, die teilweise Computer zur Überprüfung behielten.

Ein Schock aber blieb. “Ich habe ihnen gesagt, dass ihre Arbeit ihren Zweck erfüllt hat und mich wohl zum Schweigen bringen wird”, berichtete András gegenüber 444.hu.

Neunzehn User hatten seinen Post auf Facebook kommentiert, elf hatten ihn geteilt. Fast ebensoviele Polizeibeamte dürften mit der Bearbeitung dieser Fälle beschäftigt gewesen sein.

Die Polizei selbst lud ein Video der Durchsuchung bei András K. auf ihrem YouTube-Channel hoch. Auf der Polizei-Website wird außerdem festgehalten, dass man “das Internet“ ständig beobachte, Inhalte gegebenenfalls entferne oder gegen deren Verfasser ermittle.

Botschafter einbeordert

Wegen der "Verbreitung von Falschnachrichten über Ungarn" bestellte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó am Montag fünf in Budapest akkreditierte Botschafter ins Außenministerium ein. Die Diplomaten sind aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden.

Nach Angaben von Szijjártó haben die Außenminister dieser Länder in einem gemeinsamen Schreiben dem Generalsekretär des Europarates ihre Unterstützung zugesagt, der wegen des ungarischen Notstandsgesetzes Besorgnis gezeigt hatte.

"Sie haben Falschnachrichten über Ungarn verbreitet, nicht die Wahrheit gesagt", kritisierte der Minister. Es seien erneut die "bis zur Langweile bekannten Lügen über den Ausbau der Diktatur, über das Streben nach unbegrenzter Befugnis" vorgebracht worden.

Der Minister erinnerte daran, dass die Ungarn eine Nation mit mehr als 1000-jähriger Geschichte seien, die jegliche scheinheilige Bevormundung ablehne. Die Außenminister dieser Länder sollten sich nicht einbilden, "besser als die Ungarn zu wissen, was die Ungarn wollen, und sollen sich ruhig um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern", so Szijjártó.

 

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