Was auf die Welt 2014 zukommt

Was auf die Welt 2014 zukommt
Das EU-Parlament wird gewählt, Afghanistan droht nach dem NATO-Abzug Chaos, Schottland stimmt über Unabhängigkeit ab. Ein Überblick.

Auf europäischer Ebene beginnt das neue Jahr mit Erweiterungen: Per 1. Jänner ist Lettland das 18. Mitglied der Eurozone (Nummer 19 soll in einem Jahr Litauen werden). Noch im Jänner sollen dann die Beitrittsverhandlungen mit Serbien beginnen, nachdem 2013 große Fortschritte bei der Normalisierung der Beziehung zwischen Serbien und dem Kosovo erzielt wurden. Im Laufe des Jahres könnte dann auch Albanien den Status eines offiziellen Beitrittskandidaten bekommen.

Quasi eine Erweiterung innerhalb der Union gibt es ebenfalls schon mit Jahresbeginn: Rumänen und Bulgaren erhalten mit Auslaufen der Übergangsfrist vollen Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt. Das heißt: Sie brauchen – wie alle anderen EU-Bürger schon bisher – keine gesonderte Arbeitserlaubnis mehr, um zum Beispiel in Deutschland oder Österreich arbeiten zu dürfen. Experten rechnen zwar mit einem moderaten, bewältigbaren Andrang – die Regierungen in Wien, Berlin, London und Amsterdam haben jedoch schon vor einem halben Jahr in Brüssel deponiert, dass sie die Gefahr verstärkter Armutsmigration auf sich zukommen sehen. Ob es gemeinsame und/oder strengere Regeln beispielsweise für den Zugang zu Sozialleistungen in einem anderen EU-Staat geben soll, könnte auch ein großes Thema werden beim planmäßigen EU-Event des Jahres: Der Europa-Wahl Ende Mai.

Von 22. bis 25. Mai wird europaweit gewählt, den Euro-Skeptikern und -Gegnern am rechten wie am linken Rand werden dabei Zugewinne vorhergesagt.

Die Europäische Volkspartei wird mit den Sozialdemokraten am Wahltag um Platz eins rittern – und danach darum, wer nächster Kommissionspräsident werden soll. Sozialdemokratischer Kandidat dafür ist Parlamentspräsident Martin Schulz, der „europäischer Spitzenkandidat“ werden soll. Die Christdemokraten haben sich noch nicht festgelegt. Im Gespräch sind u. a. Luxemburgs Langzeit-Regierungschef Jean-Claude Juncker (siehe Bild Ziffer 1), der unlängst abgewählt wurde, der irische Regierungschef Enda Kenny, die Kommissare Viviane Reding (Justiz) und Michel Barnier (Binnenmarkt).

Für die Liberalen soll entweder Währungskommissar Oli Rehn oder der belgische Ex-Premier Guy Verhofstadt antreten.

In der Eurozone stehen 2014 weitere Vorbereitungen für die geplante Bankenunion auf dem Programm: Die Europäische Zentralbank wird Stresstests durchführen, bevor sie (frühestens im November) die zentrale Aufsicht für die größten rund 130 Institute übernimmt. Die gemeinsame Bankenabwicklung ab 2016 soll noch vor der EU-Wahl zwischen Rat und Parlament fertig verhandelt werden.

Nach seiner überraschenden Kür zum Papst am 13. März und seinem erfrischenden Wirken in den ersten Monaten seines Pontifikats sind auch heuer Überraschungen von Papst Franziskus zu erwarten. In welche Richtung das Pendel in der katholischen Kirche künftig ausschlagen soll, wird bereits am 22. Februar das erste Konsortium zur Erhebung neuer Kardinäle durch den Argentinier zeigen.

Eine Woche nach dem Osterfest, dem höchsten Fest der Christen, werden in Rom dann mehr als fünf Millionen Pilger erwartet. Denn am 27. April werden von Franziskus gleich zwei der beliebtesten Päpste der jüngeren Geschichte heiliggesprochen: Johannes Paul II. und Johannes XXIII. Die Stadt Rom rüstet sich bereits für den herausfordernden Massenansturm. Vor allem die Verkehrsanbindung zwischen dem Flughafen Fiumicino und der römischen Innenstadt will Bürgermeister Marino verbessern.

Ebenfalls im Frühling, voraussichtlich im Mai, reist Papst Franziskus zu einer Pilgerreise ins Heilige Land. Er wurde sowohl von Israel als auch von der Palästinenser-führung im Westjordanland herzlich dazu eingeladen.

Bei einer Bischofssynode zu Familienfragen im Oktober steht dann ein wichtiger innerkirchlicher Termin zur weiteren Weichenstellung an. Dafür hat Papst Franziskus im Vorfeld per online-Fragebogen bei den Katholiken den Status quo erheben lassen. Es wird sich konkret zeigen, ob Reformanstöße nun eine Chance haben.

Dem Land am Hindukusch steht ein entscheidendes Jahr bevor. Im April wird unter massiven Sicherheitsvorkehrungen der Nachfolger von Präsident Hamid Karzai gewählt. Bereits mit Jahresbeginn beginnt der Abzug der NATO-Truppen, der bis Dezember 2014 abgeschlossen werden soll. Dann nämlich endet der Einsatz, der 2011 mit fast 150.000 Soldaten aus 28 NATO-Staaten und 21 Partner-Staaten seinen Höhepunkt erreicht hatte.

US-Geheimdienste gehen davon aus, dass Afghanistan nach dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes die erzielten Fortschritte rasch wieder einbüßen wird. Selbst wenn die USA einige tausend Soldaten im Land ließen und dem Land weiter finanziell unter die Arme griffen, wäre von den Fortschritten, die die Bündnispartner seit 2001 errungen hätten, bis 2017 kaum mehr etwas zu erkennen.

Zu dieser Einschätzung kommt ein US-Geheimdienstdossier, über das die Washington Post kurz vor dem Jahreswechsel berichtete. Demnach gehen die Nachrichtendienste davon aus, dass die radikalislamischen Taliban und andere einflussreiche Kräfte die Macht zurückgewinnen werden.

Falls Washington und Kabul kein Sicherheitsabkommen unterzeichnen – und damit eine weitere internationale Militärpräsenz vereinbaren –, werde das Land komplett im Chaos versinken. Ein solches Truppenkontingent nach 2014 ist eine der Voraussetzungen der USA für milliardenschwere Hilfszahlungen an Afghanistan in den kommenden Jahren.

Die Umfragewerte sind im Keller, die Gesundheitsreform kommt weiterhin nur schleppend in die Gänge, und die Affäre um Edward Snowden und die NSA hat ihm auch bei den liberalen Wählern viel Vertrauen gekostet. Bei den Midterm-Elections in den USA Anfang November wollen die Republikaner versuchen, nach der Mehrheit im Repräsentantenhaus in Washington auch jene im Senat zu holen. Der ohnehin angeschlagene Präsident Obama wäre damit für den Rest seiner zweiten Amtszeit weitgehend gelähmt. Doch auch die Republikaner sind zerstritten. Der lange Zeit geschwächte Wirtschaftsflügel der Partei stellt sich offen gegen den fundamentalistischen Kurs der Tea-Party-Bewegung am rechten politischen Rand.

Heikler als bisher erwartet könnte auch die Präsidentenwahl in Brasilien für die Amtsinhaberin Dilma Rousseff werden. Die Massenproteste gegen steigende Preise, wachsende Armut und Korruption im südamerikanischen Wirtschaftswunderland sind 2013 regelrecht eskaliert und könnten jederzeit wieder ausbrechen.

Einen einigermaßen sicheren Sieg sollte dagegen Premier Robert Fico bei den Präsidentenwahlen in der Slowakei einfahren, vorerst aber ziert er sich noch mit seiner von politischen Beobachtern mit Sicherheit erwarteten Kandidatur.

Auch Ungarns Premier Viktor Orban kann mit einem Sieg bei den Parlamentswahlen im Frühjahr rechnen. Die klare absolute Mehrheit aber könnte gefährdet sein.

Es ist ein gewagtes politisches Experiment mit möglicherweise langfristigen Folgen für viele Regionen in Europa. Schottland stimmt am 18. September in einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von Großbritannien ab. Doch was für die regierenden schottischen Nationalisten von der SNP ein Traum ist, erscheint der Mehrheit ihrer Landsleute vorerst noch als wirtschaftliche Sackgasse. Umfragen deuten auf ein Nein hin.

Im Kielwasser der Schotten planen die Katalanen im Herbst über ihre Unabhängigkeit von Spanien abzustimmen. Im Gegensatz zur Regierung in London ist jene in Madrid grundsätzlich gegen eine solche Abstimmung. Der politische Konflikt verschärft sich zunehmend.

Deutliche Signale der Entspannung werden dagegen von den Verhandlungen mit dem Iran über dessen umstrittenes Atomprogramm erwartet. Nachdem im November ein erstes Übergangsabkommen geschlossen wurde, soll im Frühjahr über eine endgültige Lösung für den seit mehr als zehn Jahren andauernden Konflikt verhandelt werden. Vor allem im Iran ist die Hoffnung auf ein Ende der Wirtschaftssanktionen und eine Normalisierung der Beziehungen mit dem Westen groß.

Weit weniger Anlass für Hoffnungen bietet die für Jänner anberaumte Friedenskonferenz für Syrien in Genf. Die Fronten im Bürgerkrieg sind festgefahren. Präsident Assad (siehe Bild Ziffer 0) bleibt hart und unter den Rebellen geben Islamisten immer mehr den Ton an.

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