Warum Russland Kasachstan immer wieder den Ölhahn zudreht

Warum Russland Kasachstan immer wieder den Ölhahn zudreht
Die beiden Länder sind voneinander abhängig - dass der autoritär regierende Präsident Kasachstans sich mehr und mehr aus dem Griff Moskaus befreien will, verstimmt den Kreml.

Es ist nicht das erste Mal, das Russland seinem Nachbarn Kasachstan die Ölausfuhr verweigert: Schon vor einem Monat ließ Moskau das Terminal Noworossijsk im Kaspischen Meer „temporär“ stilllegen – damals hieß es, Weltkriegsminen seien zu entfernen.

Der wahre Grund war – ebenso wie bei der Sperre jetzt, für die der Umweltschutz als Grund herhalten muss – aber ein politischer. Der autoritär regierende Präsident des Landes, Qassym-Tschomart Tokajew, hatte Russlands Wladimir Putin kurz zuvor erklärt, dass Kasachstan die Separatistenrepubliken Donezk und Lugansk auf keinen Fall anerkennen werde – und das ausgerechnet beim Petersburger Wirtschaftsforum, Putins Bühne der ökonomischen Selbstdarstellung. Grund dafür dürfte ein Versprechen sein, das Tokajew kürzlich EU-Ratspräsident Charles Michel gegeben hat. Tokajew hatte sich als „Pufferzone“ und Öllieferant für Europa angeboten; die EU müsste dafür nur alternative Transportkorridore zum Kaspischen Meer errichten – sprich: Russland umgehen.

In russischen Medien wurde Tokajews Verhalten als „Verrat“ bewertetet, in westlichen Medien sah man darin einen Wegfall eines russischen Verbündeten. Die Wahrheit liegt in der Mitte: Kasachstan und Russland sind wirtschaftlich eng verbunden, können ohne einander nicht – auch Moskau ist von kasachischen Rohstoffen abhängig. Tokajew, der nur durch die Gnade Putins an der Macht ist – Moskau ließ Anfang des Jahres eine Revolte gegen ihn militärisch niederschlagen – versucht so offenbar, Distanz zu gewinnen. Denn der Kreml erhöht den Druck auf ihn immer mehr: 18 Prozent der Kasachen gehören der russischsprachigen Minderheit an; für sie spielt Putin gerne „Schutzmacht“. Eine Taktik, die man schon aus der Ukraine und aus Georgien kennt.

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