Die Frage lautet: „Unterstützen Sie die Aufnahme von Tausenden illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten und Afrika nach dem von der europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus der verpflichtenden Aufnahme?“ Die Antwort liefert Polens Premier Mateusz Morawiecki in einem neuen Video gleich mit: Das Kästchen mit dem Nein sei anzukreuzen.
Andernfalls, so suggeriert es der knapp zweiminütige Clip, drohen brennende Autos, Anarchisten, die Türen eintreten oder vermummte Migranten, die in übelster Absicht die Machete zücken.
In Polen ist Wahlkampf – in zwei Monaten wird ein neues Parlament gewählt. Da greift die seit acht Jahren regierende national-konservative PiS-Partei mit diesem Video zu drastischen Wahlkampfmitteln. Die vom Premier mitgelieferte Botschaft: Zeitgleich zum Wahltag sollen die Polen darüber abstimmen, was sie vom jüngsten EU-Asylkompromiss halten.
➤ Lesen Sie hier: Schnellere Asylverfahren an EU-Außengrenzen beschlossenDabei hatten sich die EU-Innenminister im Juni auf eine verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen geeinigt. Länder, die keine Asylsuchenden aufnehmen wollen, werden zu Ausgleichszahlungen gezwungen. Polen und Ungarn lehnen dies ab.
Um ihre Meinung gefragt, dürfte auch die Mehrheit der Polen dagegen stimmen. Laut jüngsten Umfragen sind 53 Prozent der Bevölkerung besorgt über die zunehmende Migration.
Ein „Nein“ zum europäischen Asylkompromiss hätte allerdings keinerlei Folgen – das europäische Recht müsste trotzdem umgesetzt werden. PiS-Politiker sind jedoch davon überzeugt, dass „niemand, der in Warschau regiert“, sich über ein Votum der Bevölkerung hinwegsetzen könnte.
Zaun zu Belarus
Ein klares Nein erwartet die PiS-Regierung wohl auch zur zweiten Frage, über die ebenfalls am Wahltag abgestimmt werden soll: „Unterstützen Sie die Beseitigung der Barriere an der Grenze zwischen Polen und Belarus?“
Diesen Grenzwall hat Polen in Windeseile hochgezogen, nachdem der belarussische Diktator Aleksandar Lukaschenko Tausende Migranten ins Land gelockt und dann nach Polen hatte schleusen lassen. Derzeit kommen wegen des Zauns kaum noch Migranten über die Ostgrenze nach Polen.
Mobilisierung
Auch über die Anhebung des Pensionsalters und Privatisierungen („Unterstützen Sie den Ausverkauf staatlicher Firmen?“) will die Regierung in Warschau am Wahltag Antworten einholen – allesamt Themen, die vor allem ihren Wählern wichtig sind und emotionalisieren.
Entsprechend heftig ist der Widerstand der Opposition: Sie wirft der PiS vor, sie nutze die Referenden, um mit der eigenen Agenda zusätzlich Wähler für die Parlamentswahl zu mobilisieren.
Denn anders als es die Regierung suggeriere, litte die Bevölkerung unter anderen Sorgen als der Migration: Die Inflation im Land liegt derzeit bei immer noch hohen 11,6 Prozent.
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In Umfragen genießt die national-konservative PiS allerdings noch immer einen bequemen Vorsprung: Mit rund 36 Prozent liegt sie sechs Prozentpunkte vor ihrer gefährlichsten Herausforderin, der liberal-konservativen Bürgerplattform und deren Chef, Polens Ex-Premier Donald Tusk
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