Wahlrechtsreform: Warum CSU und Linke aus dem Bundestag fallen könnten

Wahlrechtsreform: Warum CSU und Linke aus dem Bundestag fallen könnten
Die Ampel-Regierung will den Bundestag von 736 auf 630 Abgeordnete verkleinern und die Grundmandatsklausel abschaffen.

Es sei "eine Attacke auf die Demokratie", so CSU-Parteivorsitzender Markus Söder. "Verfassungsrechtlich zumindest mehr als fragwürdig", nannte es Linken-Chefin Janine Wissler. Der Ärger von CSU und Linke richtet sich gegen die von der Ampel-Regierung geplante Verkleinerung des Bundestages. Dieser zählt aktuell 736 Abgeordnete; nach der nächsten Bundestagswahl 2025 sollen es nur mehr 630 sein.

Der Bundestag ist aktuell so aufgebläht wie nie zuvor: Gesetzliche Soll-Größe sind eigentlich 598 Abgeordnete, seit 2002 ist er stetig gewachsen. Grund dafür ist das deutsche Wahlsystem mit seinen zwei Stimmen: Mit der ersten wählt man in seinem Wahlkreis – davon gibt es 299 – eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten direkt, mit der Zweitstimme eine Partei. Aus den Zweitstimmen berechnet sich der Anteil der Sitze, den eine Partei im Bundestag insgesamt bekommt.

Bisher galt, gewinnt eine Partei mehr Direktmandate in den Wahlkreisen als über die Zweitstimmen, dürfen diese zusätzlich ins Parlament einziehen. Um die Mehrheitsverhältnisse nicht zu verzerren, bekommen die anderen Parteien einen Ausgleich.

Diese Regelung soll nun wegfallen. Damit bekäme nicht mehr jeder Wahlkreissieger automatisch einen Sitz im Bundestag. Treffen würde das vor allem die CSU, deren Abgeordnete vorrangig über Direktmandate in den Bundestag einziehen. 2021 holte die Partei in 45 von 46 Wahlkreisen die Direktmandate. Beim Zweitstimmenergebnis kam die CSU, die nur in Bayern zur Wahl steht, hingegen nur auf 5,2 Prozent.

Wahlrechtsreform: Warum CSU und Linke aus dem Bundestag fallen könnten

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (l.) mit CDU-Bundesvorsitzendem Friedrich Merz.

Noch gefährlicher könnte CSU und Linke deshalb die geplante Abschaffung der Grundmandatsklausel werden. Diese könnte für die Parteien sogar eine existenzielle Bedrohung darstellen: Die Klausel sieht vor, dass eine Partei, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, trotzdem in den Bundestag einziehen darf, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewinnt.

Klausel rettete Linke 2021

Bislang lag die CSU bei allen Bundestagswahlen zwar über fünf Prozent, allerdings nur knapp. Hätte die Schwesterpartei der CDU bei der letzten Wahl etwa nur 0,3 Prozentpunkte weniger bekommen, hätte sie auf die Klausel schon zurückgreifen müssen – so wie die Linke, die 2021 nur auf 4,9 Prozent der Stimmen kam. Nur dank der Regelung durfte sie mit 39 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. In den aktuellen Umfragen sieht es wenig nach Verbesserung aus, der Streit mit Parteiquerulantin Sahra Wagenknecht setzt der ganzen Partei zu.

Wahlrechtsreform: Warum CSU und Linke aus dem Bundestag fallen könnten

Janine Wissler ist seit Februar 2021 Bundesparteivorsitzende der Partei Die Linke.

Der entsprechende Gesetzesentwurf der Ampel soll am Freitag im Bundestag beschlossen werden. CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz hat nach anfänglicher Unterstützung bereits seine Ablehnung der Reform verkündet, CSU und Linke drohten sogar mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht. "Die Ampel schnitzt sich ein Wahlrecht“, kritisiere CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag, das sei „schlichtweg respektlos und unfair".

Zu teuer, zu schwerfällig, zu viele

Dass der Bundestag zu groß ist, darüber sind sich hingegen alle Parteien einig: Einer Studie zufolge kostete er die deutschen Steuerzahler in dieser Legislaturperiode mindestens 410 Millionen Euro mehr als in seiner gesetzlich vorgesehenen Größe von 598 Mandaten.

Die Abgeordneten selbst äußerten bereits die Sorge, dass der Bundestag aufgrund seiner Größe nicht mehr arbeitsfähig sei: Zu große Fraktionen, Arbeitsgruppen und Ausschüsse machten die parlamentarische Arbeit schwerfälliger. Mehr Abgeordnete brauchen auch mehr Platz: Der Erweiterungsbau für Büros sollte schon seit Jahren fertig sein, zuletzt war von frühestens 2024 die Rede.

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