Tuareg-Kämpfer töten Dutzende Wagner-Söldner - mit ukrainischer Hilfe?

Die Sturmgewehre lässig in den Händen haltend gehen die Kämpfer der Tuareg-Rebellen über das Schlachtfeld, überprüfen durch Tritte gegen vermeintliche Leichen, ob diese tatsächlich tot sind. Ausgebrannte Wracks und Dutzende leblose Körper liegen im malischen Sand – ein Teil davon russische Wagner-Söldner, die in einen Hinterhalt der malischen „Azawad-Bewegung“ (CMA) geraten sind.
Bekannter Propagandist getötet
Plötzlich springt einer der vermeintlich toten Wagner-Kämpfer auf, sprintet, nimmt einen Stein – doch ehe er ihn werfen kann, wird er niedergeschossen. Diese Videoaufnahmen werden derzeit in zahlreichen Kriegsblogger-Kanälen diskutiert. Mindestens 20 – bis zu 82 – Wagner-Söldner wurden bei diesem Angriff getötet, bis zu 15 gefangen genommen. Unter den Toten ist auch Nikita Fedjanin, der bekannte russische Kriegspropagandist und Verwalter des Telegrammkanals Grey Zone.

Etwa 1.000 bis 1.300 Wagner-Kämpfer sollen sich derzeit im Land aufhalten, die malische Armee im Kampf gegen die Terrorgruppen wie unterstützen. Mit der CMA hatte die malische Regierung 2015 ein Friedensabkommen geschlossen. Dieses ist seit einem Jahr hinfällig.
Terrorgruppen und Schmugglerrouten
Die CMA, ein Bündnis von Tuareg-dominierten Gruppen, die Autonomie oder Unabhängigkeit vom malischen Staat anstreben, kann auf ein länderüberschreitendes Netzwerk zurückgreifen, kontrollieren Schmuggelwege – und könnten für die Militärjunta und die Wagner-Gruppe eine ernsthafte Bedrohung darstellen. Ihr Mobilisierungspotential umfasst unter anderem Kämpfer aus Algerien und Mauretanien.
Mit der Ausbreitung der Terrorgruppen Al-Qaida und „Islamischer Staat“, deren Ideologien vor allem bei den Nomadenvölkern der Fulbe auf fruchtbaren Boden fallen, hat sich die Lage in der Sahelzone grundsätzlich verschärft.
Ukrainischer Militärgeheimdienst beteiligt?
Berichten zufolge haben die Azawad-Rebellen beim Hinterhalt mit Jama'at Nasr al-Islam wal-Muslimin (JNIM), einem Al-Quaida-Ableger, kooperiert. Das ist in den Wirren der Sahelzone nicht ungewöhnlich – dennoch haben beide Organisationen höchst unterschiedliche Ziele. Dazu kommt, dass der ukrainische Geheimdienst HUR behauptet, die Azawad-Rebellen mit Informationen unterstützt zu haben. Man bilde außerdem die Touareg aus und versorge sie mit Waffen und Drohnen. Inwieweit diese Behauptungen zutreffen, lässt sich nicht überprüfen. Es ist davon auszugehen, dass die Tuareg in Mali über ein breiteres Aufklärungsnetz verfügen als der ukrainische Militärgeheimdienst.
Angeblich kündigten die Azawad-Rebellen, die sich mit ukrainischen Fahnen zeigen, die Auslieferung gefangener Wagner-Kämpfer nach Kiew an.
Für die Wagner-Gruppe ist dieser Hinterhalt ein schwerer Schlag, nachdem man sich grundsätzlich in Zusammenarbeit mit den malischen Streitkräften am Vormarsch befunden hatte. Doch an den malischen Wirren waren davor bereits die Franzosen und zeitgleich eine 13.000 Mann fassende UN-Mission gescheitert, das Landes inmitten von separatistischen und dschihadistischen Rebellionen zu stabilisieren.
Brief an de Gaulle
Bereits kurz nach der Unabhängigkeit Malis im Jahr 1960 war klar, dass sich die vielen Völker nicht in diesem gemeinsamen Staat integrieren lassen. Kurz zuvor hatten die Tuareg-Nomaden einen Brief an Charles de Gaulle geschrieben, in dem sie darum baten, Franzosen bleiben zu dürfen: „Unsere Interessen und Bestrebungen könnten unter keinen Umständen wirksam vertreten werden, solange wir an ein Gebiet gebunden sind, das zwangsläufig von einer schwarzen Mehrheit repräsentiert und regiert wird, deren ethnische Zugehörigkeit, Interessen und Bestrebungen nicht mit unseren übereinstimmen“, schrieben sie.
Als Minderheit hatten und haben die Tuareg durch das westlich-demokratische Wahlrecht keine Chance auf politische Mitsprache. Seit einigen Jahren ist der Schmuggel von Migranten Richtung Europa immer lukrativer für sie, aber auch der Kokainschmuggel hat stark zugenommen. Mit der Ausbreitung der Terrorgruppen Al-Qaida und „Islamischer Staat“, deren Ideologien vor allem bei den Nomadenvölkern auf fruchtbaren Boden fallen, hat sich die Lage in der Sahelzone drastisch verschärft.
Dabei ist wichtig zu betonen, dass der islamistische Terror für nicht wenige bewaffnete Gruppen ein Mittel zum Zweck ist, um Schmuggelgeschäfte, Menschenhandel oder den Abbau von Bodenschätzen zu intensivieren.
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