Vor dem EU-Sondergipfel: Schnell noch einmal zu Merkel

Vor dem EU-Sondergipfel: Schnell noch einmal zu Merkel
Besuchsreigen bei der deutschen Kanzlerin: Bei ihr laufen die Fäden für die großen Geldtöpfe der EU zusammen. EU-Gipfel ab Freitag in Brüssel

Eigentlich würden sie einander sowieso am Freitag und Samstag in Brüssel treffen – die 27 Staats- und Regierungschefs der EU, die dann gewaltige Geldtöpfe schnüren und deren Inhalt verteilen wollen. Doch tatsächlich laufen die Fäden für den geplanten, 750 Milliarden schweren EU-Wiederaufbaufonds in Berlin bei Angela Merkel zusammen.Und so stellt sich kurz vor dem EU-Sondergipfel bei der deutschen Kanzlerin ein wahrer Besuchsreigen ein: Zuerst der niederländische Premier Rutte, am Montag Italiens Regierungschef Conte, gestern Spaniens Premier Sanchez.

Vor dem EU-Sondergipfel: Schnell noch einmal zu Merkel

Der niederländische Premier Mark Rutte bei Kanzlerin Merkel

Warum wollen alle zu Kanzlerin Merkel?

Bei der Regierungschefin des mit Abstand allergrößten Nettozahlers in der EU liegt auch das größte Verhandlungsgewicht. Zudem war es Merkel, die zusammen mit dem französischen Präsidenten Macron die Initiative ergriffen hat: Für die am schwersten von der Corona-Krise betroffenen Staaten sollen die EU-Länder gemeinsam Schulden auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. 500 Milliarden Euro werden dann als nicht rückzahlbare Zuschüsse vergeben.

Anhänger dieses Plans, etwa die Premiers von Italien und Spanien, wollen Merkel darin bestätigen, dass es Zuschüsse und nicht Kredite braucht. Anders käme die Wirtschaft in ihren Ländern nicht mehr auf die Beine.

Der Niederländer Rutte signalisierte hingegen: Er werde dem Wiederaufbauplan in dieser Form am Gipfel sicher nicht zustimmen.

Worüber wird beim EU-Gipfel verhandelt?

Über zwei riesige Geldtöpfe. Zum einen über den Wiederaufbaufonds, der sich aus 500 Mrd. Euro an Zuschüssen und 250 Mrd. an Krediten zusammensetzt.
 

Vor dem EU-Sondergipfel: Schnell noch einmal zu Merkel

Italiens Premier Giuseppe Conte bei Merkel in Berlin

Und dann wäre da noch das EU-Budget für die nächsten sieben Jahre. Laut jüngstem Vorschlag von EU-Ratspräsident Charles Michel soll es 1.074 Milliarden Euro beinhalten. Österreich hätte dabei Anspruch auf einen jährlichen Rabatt von 237 Millionen Euro auf seinen Beitrag.

Wird Kanzler Sebastian Kurz dazu Ja sagen?

Ganz sicher nicht – die Regierung pocht auf einen höheren Rabatt (zum Vergleich Schweden: 798 Mio. Euro). Zudem erachtet sie das Volumen des EU-Budgets als noch immer zu hoch. Beim EU-Haushalt müsse mehr eingespart werden, lautet nach wie vor Wiens Vorgabe.

Und beim 750-Milliarden-Fonds stemmt sich Kurz zwar nicht mehr kategorisch gegen Zuschüsse. Doch dass Verhältnis zwei Drittel Zuschüsse – also Geldgeschenke – gegen ein Drittel Kredite bleibt für die Regierung inakzeptabel. Und Kurz fordert: Es muss klare Bedingungen dafür geben, wer die Milliardenhilfen und wofür bekommt.

Welche Bedingungen?

Angedacht ist: Jedes Land muss einen genauen Plan vorlegen, wie das Geld investiert wird. Nur wenn die EU-Staaten dem jeweiligen Plan mit qualifizierter Mehrheit zustimmen, darf die EU-Kommission das Geld freigeben. Der Erste, der aber dagegen zum Widerstand bläst, ist Viktor Orbán. Und damit gibt es auf dem Weg zu einem Kompromiss ein Problem mehr. Denn die EU-Staaten müssen bei EU-Budget und Wiederaufbaufonds einstimmig entscheiden.

Wogegen wehrt sich Ungarns Premier?

Orbán knüpft seine Zustimmung zu den Corona-Wiederaufbauhilfen an die Bedingung, dass die Empfängerländer über die Gelder frei verfügen dürfen. Damit aber wäre unmöglich zu kontrollieren, wohin die Milliarden fließen.

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