„Wir sind gekommen, um zu bleiben, liebe Freunde, und das werden wir auch!“, rief Chrupalla in den Saal. Die AfD sei in wenigen Jahren zu einer festen Größe geworden, sagte Weidel in ihrer Rede. „Wir sind der Stachel im Fleisch der Etablierten.“
Der Ehrenvorsitzende Gauland sprach mit Blick auf die ersten zehn Jahre der AfD von einer „ungeheuren Erfolgsgeschichte“. Man sei die Stimme „der Normalen in diesem Land“. „Wir haben diese Partei nicht gegründet, weil wir eine andere Republik wollen, sondern weil wir keine andere Republik wollen“, sagte Gauland unter stürmischem Beifall der Anwesenden.
Chrupalla und Gauland kritisierten erneut die Waffenlieferungen an die Ukraine. Der Krieg gehe Deutschland nichts an.
Bekräftigt wurde in den Reden zudem die Einschätzung, dass eine Regierungsbeteiligung der AfD absehbar nicht unrealistisch sei. Weidel verwies auf die 2024 anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo ihre Partei in den Umfragen zum Teil stärkste Kraft ist. Diesen klaren Wählerwillen könne niemand auf Dauer ignorieren, sagte sie.
Rund 700 Demonstranten
Vor der Veranstaltungshalle des Taunus-Kurorts nordwestlich von Frankfurt (Main) protestierten nach Schätzungen des Polizeipräsidiums Westhessen etwa 700 Menschen gegen das AfD-Treffen. Verbände, Gewerkschaften und Parteien hatten zur Gegenkundgebung aufgerufen.
Einige Teilnehmer der AfD-Veranstaltung mussten sich unter lauten „Nazis raus“- und „Haut ab“-Rufen unter Polizeibegleitung ihren Weg Richtung Halle bahnen. Die Demonstranten hatten unter anderem Ukraine- und Regenbogen-Fahnen dabei. Auf Schildern stand „Menschenrechte, statt rechte Nazis“ und „Gegenhalten, solidarisch gegen die rechte Hetze der AfD“.
Regieren sie jemals?
Die drei Gründungsvorsitzenden Lucke, Konrad Adam und die ehemalige Spitzenkandidatin Frauke Petry bleiben der Veranstaltung fern. Lucke und Adam verloren früh an Einfluss gegenüber dem rechten Parteiflügel, den Petry in den frühen Jahren anführte. Doch auch sie überwarf sich schließlich mit Weidel, Gauland und Co., die heute die Zügel in der Hand halten, und trat 2017 aus der Partei aus.
Lucke, der heute wieder an der Universität Hamburg unterrichtet, hatte die AfD 2019 in einem Interview mit der Zeit als eine „latent fremdenfeindliche, deutschnationale Partei mit rechtsradikalen Einsprengseln“ bezeichnet. Auf die Frage, ob er sie rückblickend noch einmal gründen würde, jetzt wo er weiß, wie sie sich entwickelte, sagte er: „Nein. Ganz eindeutig nein.“
Die einst selbsternannte „Professorenpartei“ wird heute vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall behandelt, weil ihre Mitglieder „verfassungsfeindliche Tendenzen“ aufweisen würden. Die Partei geht gerichtlich gegen diese Einschätzung vor, die dem Inlandsgeheimdienst etwa gestattet, parteiinterne Kommunikation abzuhören.
Die Machtbasis der AfD bildet heute der Osten Deutschlands. In Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt war die Partei zuletzt zweitstärkste, in Sachsen sogar stärkste Kraft. Der Co-Parteivorsitzende Chrupalla erklärte deshalb am Montag, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die AfD in Teilen der Bundesrepublik mitregieren könnte.
Für andere Parteien werde es „immer schwieriger, Bündnisse gegen uns zu schmieden“, sagte Chrupalla im ZDF-Morgenmagazin. Als einziger realistischer Koalitionspartner auf Landes- wie Bundesebene käme dabei die CDU/CSU infrage, die eine Koalition mit der AfD aber zuletzt via Parteitagsbeschluss ausschloss. Dort heißt es: „Unsere Brandmauer nach rechts muss stehen.“
In den westlichen Bundesländern stagniert die Partei seit ihrem großen Aufstieg infolge der Flüchtlingskrise 2015. Dem Berliner Politologen Hajo Funke zufolge werde das auch künftig so bleiben: „Die AfD wird mit ihrer radikalen Ausrichtung bundesweit im Turm von zehn Prozent plus gefangen bleiben.“ Im Osten scheine sie dagegen bereits in den nächsten Jahren machtfähig.
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