Annäherung an Israel
Doch seither hat sich nicht nur die Lage im Nahen Osten dramatisch verändert, sondern auch die Energienöte Europas. Da man sich aus der Abhängigkeit von Öl- und Gaslieferungen aus Russland endgültig zu lösen versucht, sind die Golfstaaten als Lieferant wichtiger denn je. Dazu kommen die Brücken, die Israel in den Jahren vor dem Ausbruch des Krieges zu den Staaten in der Golfregion gebaut hat. Erste Verträge sind entstanden, und auch wenn Saudi-Arabien als traditioneller Erzfeind Israels bisher noch offiziell auf Distanz zu Jerusalem geht, laufen gerade über Bin Salman und seine politischen Vertrauten erste Kontakte.
Die diplomatische Annäherung ist durch den Krieg vorerst einmal vom Tisch, trotzdem aber versucht auch die EU, eine politische und wirtschaftliche Gesprächsebene mit den Golfstaaten zu finden.
Mehr als diese Gesprächsebene sollte auch das Spitzentreffen in Brüssel nicht erreichen. Zu groß ist nicht nur die politische Kluft zwischen Europa und den Golfstaaten, sondern auch jene zwischen den Arabern selbst. Während einige Emirate klar pro-westlich ausgerichtet sind, gilt Katar traditionell als Unterstützer der Hamas, also Israels Kriegsgegner in Gaza.
Bei den Gesprächen in Brüssel hakte es also schon beim Grundsätzlichen und quasi bei jeder einzelnen Formulierung.
Geiseln? Welche Geiseln?
Während etwa die EU fast schon routinemäßig die Freilassung der israelischen Geiseln durch die Hamas – oder zumindest die Übergabe von deren Leichnamen – fordert, kommt das für die Araber nur dann infrage, wenn man im gleichen Atemzug die Freilassung gefangener Palästinenser durch Israel fordert.
Keine Sanktionen gegen Russland
Sanktionen gegen Russland, wie sie seit Kriegsbeginn von den EU-Staaten verhängt werden, kommen für die Golfstaaten nicht infrage. Sie versuchen – ähnlich wie Indien – Balance zwischen den Kriegsparteien zu halten.
Entsprechend mühsam gestaltete sich schon im Vorfeld des Gipfels das Tauziehen um zumindest eine gemeinsame Erklärung. Während die riesigen Delegationen von der Arabischen Halbinsel den Brüsseler Verkehr lahmlegten und die Hotels füllten, tüftelten EU-Diplomaten und ihre arabischen Kollegen noch immer an einzelnen ohnehin wenig aussagekräftigen Formulierungen.
Da ging es auch um konkrete Forderungen vieler Golfstaaten, etwa eine generelle Erleichterung für Einreise-Visa in die EU. Hier wiederum versuchen einzelne Golfstaaten für ihre Bürger etwas bei der EU herauszuholen und wollen von einer gemeinsamen Lösung nichts wissen. An all den Gesprächen, so meinte ein hochrangiger EU-Diplomat gegenüber dem KURIER, sei vieles nur „Schimäre“. Echte Ergebnisse hatte bei diesem Treffen ohnehin niemand erwartet. Es gehe vor allem um „ein gutes Gesprächsklima“ inmitten des Krieges im Nahen Osten.
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