Versöhnungsangebot der Hamas

Kämpfer der radikalen Hamas prägen das Bild in Gaza
Die radikal-islamische Hamas ist bereit, die Verwaltung im Gazastreifen abzugeben. Doch für die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat das Angebot gleich mehrere Haken.

Nach nur zwei Gesprächsrunden am Wochenende kam es in Kairo zu einem Durchbruch bei den ägyptischen Versuchen, einen Ausgleich zwischen den rivalisierenden palästinensischen Organisationen Fatah und Hamas zu vermitteln: Die Hamas kündigte die Auflösung ihrer 2016 aufgestellten Schattenregierung in Gaza an und rief die Minister der Zentralregierung in Ramallah (Westjordanland) auf, ihre Arbeit "auch im Gazastreifen wieder voll aufzunehmen". Auch die seit acht Jahren überfälligen Neuwahlen will Hamas nicht weiter verzögern. Die Regierung in Ramallah reagierte verhalten: "Ein gute Nachricht – deren Verwirklichung aber noch aussteht."

2006 gewann Hamas die ersten Wahlen zum palästinensischen Parlament. Neben Präsident Mahmud Abbas von der nationalistischen Fatah regierte nun Premier Ismail Haniyeh von der radikal islamistischen Hamas. Ein Jahr später steigerte sich der politische Konkurrenzkampf zum Bürgerkrieg. Im Gazastreifen putschte die Hamas und entmachtete die Fatah und den von ihr kontrollierten PLO-Dachverband, in dem Hamas nicht vertreten ist. Sie fordert jetzt neben Neuwahlen auch eine Reform der PLO mit Aufnahme der Hamas. Hamas-Sprecher Fausi Barhum: "Jetzt ist die Fatah gefordert, zu beweisen, ob sie die nationale Einheit und echte Partnerschaft wirklich will."

Geldhahn zugedreht

Die Hamas steht unter Druck. Der ohnehin nicht leichte Alltag im Gazastreifen wurde 2016 immer schwieriger. Während die Hamas als Organisation ihre militärische Infrastruktur ausbaute, geht es der Zivilbevölkerung immer schlechter. Israel war bereit, den Waren-Boykott zu erleichtern. Er wurde gegen die Hamas-Regierung verhängt, da sie die Existenz Israels ablehnt. Doch seit einem Jahr verhindert dies Präsident Abbas in Ramallah. Er stellte auch die Zahlungen für die Stromlieferungen und Lohnkosten Tausender Beamte in Gaza ein, die von der Hamas angestellt wurden.

Viele sehen die Ankündigung der Hamas als Kapitulation, was für die Versorgungslage in Gaza sicher zutrifft. Doch Neuwahlen kämen derzeit auch für die Fatah nicht gelegen. In ihrem jetzigen Regierungsbereich im Westjordanland zeigten letzte Prognosen für sie ein Absinken der Stimmen. Im Gegensatz zum Gazastreifen, wo nach zehn Jahren Hamas-Herrschaft die Bevölkerung verstärkt nach der Fatah ruft.

Katze beißt sich in den Schwanz

Auch eine PLO-Reform könnte langfristig die Fatah nur schwächen. Die PLO verhandelt mit Israel und ist der Rahmen für die palästinensische Regierung. Zurzeit ist die Hamas aber nur bereit, Verhandlungen mit Israel um einen Frieden zu dulden – bis zur endgültigen Entscheidung durch ein Volksreferendum. Die Fatah aber braucht für weitere Friedensinitiativen den Ausgleich mit der Hamas, um alle Palästinenser vertreten zu können.

Die radikal-islamische Hamas ist die zweitgrößte Palästinenserorganisation. Die 1987, kurz nach Beginn der ersten Intifada, gegründete Gruppe bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan. Ihr militärischer Arm hat immer wieder tödliche Terroranschläge auf Israelis verübt.

Seit Mai 2017 ist Ismail Haniyeh (55) Chef der Hamas, die unter anderem von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird.
Die vom Iran unterstützte Hamas herrscht im Gazastreifen, wo rund zwei Millionen Menschen leben. 2007 vertrieb sie die gemäßigtere Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gewaltsam aus dem Mittelmeer-Küstenstreifen an der Grenze zu Ägypten. Seither wurden von dort Tausende Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert.

Die Fatah herrscht seit 2007 nur noch in den nicht von Israel verwalteten Teilen des Westjordanlandes. Alle Versöhnungsversuche der palästinensischen Organisationen sind bislang gescheitert. Dies macht ein Friedensabkommen mit Israel noch schwieriger.
Zuletzt deutete die Hamas im Mai 2017 die Bereitschaft an, einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 zumindest zeitweise zu akzeptieren. Vom bewaffneten Widerstand gegen Israel und dem Anspruch auf das gesamte historische Palästina rückte die Hamas nicht ab.

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