Vorteil für US-Wahlkämpfer Joe Biden: Abtreibungspille bleibt erlaubt
Vor zwei Jahren kippte das US-Höchstgericht das landesweite Recht auf Abtreibungen. Laut jüngstem Urteil bleibt der Zugang zur Abtreibungspille aber im ganzen Land offen.
Militante Abtreibungsgegner in Texas hatten gegen die Zulassung der Abtreibungspille Mifepristone geklagt - damit wollten sie den Zugang zu medikamentöser Abtreibung erschweren.
Doch das Oberste Gericht der USA entschied gestern anders: Der Zugang zur Abtreibungspille bleibt vorerst aufrecht. Das hatte wenig mit moralischen Argumenten für oder wider die Pille zu tun. Die neun mehrheitlich sehr konservativen Richter erklärten vielmehr einstimmig, dass Abtreibungsgegner nicht das Recht hätten, gegen die Zulassung der Pille und die von der Arzneimittelbehörde erlassenen Zugangserleichterungen zu klagen.
Denn die Kläger hätten nicht nachweisen können, dass sie Schaden erlitten hätten oder erleiden würden, hieß es. Das Fazit der Richterinnen und Richter: Klägern, die nur „allgemeine rechtliche, moralische, ideologische oder politische Einwände“ gegen die Verwendung von Mifepristone hätten, stehe keine Klagebefugnis zu.
Mifepristone wird bei fast zwei Dritteln der in den USA durchgeführten Abtreibungen eigesetzt. Das Medikament wurde bereits vor mehr als 20 Jahren in den USA zugelassen und wird von der Arzneimittelbehörde FDA als zuverlässig eingestuft.
Mit der Post versendet
In den vergangenen Jahren hatte die Behörde den Zugang zur Abtreibungspille sogar noch mehrmals erleichtert: So darf die Pille nun bis zur zehnten Schwangerschaftswoche eingenommen werden und nicht nur bis zur siebenten Woche, wie es früher erlaubt war. Zudem dürfen die Tabletten heute per Telefon von einem Arzt verschrieben und mit der Post verschickt werden. Auf diese Weise ist das Medikament auch für jene Frauen erhältlich, die in jenen US-Bundesstaaten leben, wo Abtreibungen nicht mehr durchgeführt werden dürfen.
Im Juni vor zwei Jahren hatte der konservative Supreme Court ein politisches Erdbeben ausgelöst, als er das landesweite Recht auf Abtreibung kippte. Kurz danach reichten einige Ärzte in Texas auch Klage gegen die Zulassung von Mifepristone vor einem Bundesbezirksgericht ein. Dort erklärte ein konservativer Richter die Klage sogleich für zulässig - das nun wiederum vom Supreme Court aufgehoben wurde.
Wahlkampfthema
Im laufenden Wahlkampf spielt dieses Urteil beiden Parteien in die Hände: Die Republikaner mit ihrem Präsidentschaftskandidaten Donald Trump können aufatmen, denn ein Verbot der Abtreibungspille hätte hätte der Grand Old Party noch mehr Stimmen von Wählerinnen gekostet.
US-Präsident Joe Biden und die Demokraten wiederum schreiben sich alle Erfolge, die Wege zu Abtreibungen offen zu halten, selbst zu gute. Der Streit um Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ist zu einem heißen Wahlkampfthema geworden. In 17 Bundesstaaten sind Abtreibungen verboten oder nahezu unmöglich, weil sie nur bis zur 6. Schwangerschaftswoche möglich wären - ein Zeitpunkt also, wo die meisten Frauen noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind.
Das ist der Fall in Florida - wo Donald Trump als haushoher Favorit in den Wahlkampf ging. In den Umfragen lag er bisher komfortabel in Führung. Doch seit Mai gilt auch im Sunshine State ein Abtreibungsverbot nach der sechsten Schwangerschaftswoche. Das dürfte der Grund sein, warum Kontrahent Joe Biden in den jüngsten Umfragen nur noch vier Prozentpunkte hinter Trump lag.
Weiterer Vorteil für den amtierenden US-Präsidenten: Für fast 40 Prozent der amerikanische Frauen in den Vorstädten ist der freie Zugang zu Abtreibungen laut einer Umfrage des Wall Street Journals die entscheidende Frage, wen sie am 5. November zum Präsidenten wählen wollen.
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