USA-China: Politik mit der Abrissbirne

USA-China: Politik mit der Abrissbirne
Wahlkampfbedingt schießt sich US-Präsident Trump immer mehr auf Chinas Kommunisten ein. Außenminister Pompeo malt die Bedrohung der Welt an die Wand.

Im Jänner charakterisierte US-Präsident Donald Trump die Beziehungen zu China als „so gut ist wie lange, lange Zeit nicht mehr“ und überschüttete sein Gegenüber Xi Jinping mit Lob. Sechs Monate später sind die Schönwetter-Vokabeln, die angesichts der fundamentalen Rivalität beider Länder um die geopolitische Führung ohnehin aufgesetzt wirkten, restlos verklungen.

Neben den bekannten Konfliktherden aus US-Sicht – Sicherheitsgesetze für Hongkong, Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren, militärische Muskelspiele im Südchinesischen Meer, der Zugriff auf Taiwan und

die umstrittene Hightech-Vormacht um den Netzwerkausrüster Huawei – hat sich die Corona-Pandemie als Treiber für die eskalierende Entfremdung entwickelt. Trump macht Xi aus wahlkampftaktischen Erwägungen für das Entweichen des Virus im chinesischen Wuhan verantwortlich, das in den USA bisher mehr als 145.000 Tote und vier Millionen Infizierte gefordert hat.

Nadelstiche

Jüngste Eruption in dem an mehreren Fronten geführten Kalten Krieg 2.0: Washington und Peking überziehen sich wechselseitig mit der Zwangsschließung von Konsulaten. Nachdem die Amerikaner die chinesische Vertretung in Houston im US-Bundesstaat Texas in dieser Woche als Inkubator für Spionage und Wirtschaftskriminalität ausgemacht und einen beispiellosen Platzverweis verhängt hatten, konterte China mit dem dekretierten Aus für das US-Konsulat in Chengdu. Weitere Nadelstiche sind programmiert.

Dass die einen Wendepunkt in den Beziehungen der Supermächte markieren, bewies jetzt US-Außenminister Mike Pompeo. Nachdem Trumps Chef-Diplomat in Europa bei verhaltener Resonanz für eine „breite Allianz“ gegen den globalen Machtanspruch Pekings getrommelt hatte, gab er am Donnerstag an historischer Stelle eine Grundsatzrede, die laut US-Kommentatoren das Fundament der chinesisch-amerikanischen Beziehungen „mit der Abrissbirne traktierte“.

USA-China: Politik mit der Abrissbirne

Pompeo vor der Nixon-Library - Nixon hatte seinerzeit die Beziehungen zu China eingeleitet

Paradigmenwechsel

Im Museum im kalifornischen Yorba Linda von Präsident Richard Nixon kündigte Pompeo einen grundsätzlichen Wandel im Umgang mit Peking an. „Das alte Paradigma eines blinden Engagements mit China funktioniert einfach nicht. Wir dürfen es nicht fortsetzen. “

USA-China: Politik mit der Abrissbirne

Historischer Besuch: Richard Nixon 1972 bei Mao Tsetung

Historischer Besuch 1972. Der Bruch mit China, den Außenminister Pompeo in seiner Rede vollzog und mit einer Kampfansage verband, kommt fast 50 Jahre nach Richards Nixons historischer Visite bei Mao Tse-tung in Peking. Die China-Reise dauerte  vom 21. bis 28. Februar 1972. 

Zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1949 besuchte ein Präsident der Vereinigten Staaten die Volksrepublik. Der damalige republikanische Präsident, der 20 Jahre zuvor dank seiner   prononciert anti-kommunistischen Haltung Vizepräsident unter Eisenhower geworden war, leitete damit ein neues Kräfteverhältnis im Kalten Krieg ein und legte die Grundlagen für Chinas wirtschaftlichen Aufstieg. 1979 nahmen beide Länder offiziell diplomatische Beziehungen auf (wofür die USA ihre Beziehungen zu Taiwan aufgaben). 

Architekt der Annäherung war Henry Kissinger, seinerzeit US-Außenminister und später Friedensnobelpreisträger. Vorausgegangen war der Annäherung die sogenannte Ping-Pong-Diplomatie: Amerikanische  und chinesische Tischtennisspieler hatten sich  bei der WM in Japan angefreundet, China lud die amerikanischen Spieler im Frühjahr 1971 ein. 

„Ameise gegen Baum“

Der frühere CIA-Chef warf China nicht nur vor, die „internationalen Hände“ zu „beißen, die es nährten“. Chinas Kommunisten bedrohten weltweit die Stabilität. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die Chinesische Kommunistische Partei unsere Freiheit aushöhlen und die wertebasierte Ordnung untergraben, an deren Aufbau unsere freien Gesellschaften so hart gearbeitet haben.“ Nixons seinerzeitige Sorge, er habe durch seine Öffnungspolitik gegenüber Peking womöglich einen „Frankenstein“ geschaffen, nannte Pompeo „prophetisch“.

Um China zu einer „anderen Haltung“ auf der Weltbühne zu bewegen, müssten Amerika und seine Verbündeten „kreativere und energischere Wege“ einschlagen. Welche, sagte Pompeo nicht.

Ausführlich skizzierte Pompeo die Rolle Chinas als Meister unfairer Handelspraktiken, die Amerikas nationale Sicherheit bedrohten. So seien an US-Hochschulen Militärangehörige installiert worden, um sensibles „geistiges Eigentum“ zu stehlen. Erst kürzlich klagte das Justizministerium zwei Chinesen wegen des Verdachts der Spionage bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes an.

Der Widerspruch auf demokratischer Seite hält sich in Grenzen. Präsidentschaftskandidat Joe Biden und führende Vertreter im Kongress sehen das Vormachtstreben Pekings ebenfalls als die Herausforderung schlechthin. Was sie bemängeln, ist Trumps „Strategielosigkeit“, die sich etwa in der Aufkündigung von Mitgliedschaften in internationalen Streitschlichtungsorganisationen zeige.

Peking reagierte mit Geringschätzung und Gelassenheit auf die Attacken. Einen „neuen Kreuzzug“ gegen China in einer „globalisierten Welt“ zu starten, sagte eine Sprecherin des Außenamts, sei so „sinnlos wie eine Ameise, die einen Baum zu schütteln versucht“.

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