Nach Drama im Kongress: Trumps Amtseinführung nicht mehr in Gefahr

Nach Drama im Kongress: Trumps Amtseinführung nicht mehr in Gefahr
Mike Johnson wurde knapp aber doch zum Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt - er soll nun den Prozess zur Bestätigung von Trumps Wahlsieg sicherstellen.

Neuer US-Kongress, altes Bild: Geschlossen auftretende Demokraten. Und teilweise widerspenstige Republikaner, die trotz knapper Mehrheitsverhältnisse erst nach Scheingefechten auf Linie kommen und ihre eigene Spitze stützen. Was bedeutet: Für Donald Trump, den designierten Präsidenten, werden die nächsten Monate turbulent. Aber der Reihe nach:

Am nächsten Montag, vier Jahre nach der von ihm selbst angefachten blutigen Attacke auf die Herzkammer der amerikanischen Demokratie, möchte Donald Trump die letzte Hürde vor der Amtseinführung am 20. Januar ohne Zwischenfälle nehmen: die Beglaubigung seines Wahlsieges vom 5. November durch den Kongress im Kapitol von Washington. 

Allergische Reaktionen

Vor allem aus diesem Grund hatte sich der designierte 47. US-Präsident hinter den Republikaner Mike Johnson, den zuletzt amtierenden Sprecher des Repräsentantenhauses gestellt, und mit Nachdruck dessen Wiederwahl empfohlen. Die stand am Freitag an.

Allein, der trotz seiner 52 Jahre immer noch bubenhaft aussehende Politiker aus Louisiana löst auf dem Rechtsaußen-Flügel seiner Fraktion derart allergische Reaktionen aus, dass er angesichts knappster Mehrheitsverhältnisse bei der Wahl zum „Dpeaker”, immerhin die Nr. 3 im Staate, im ersten Wahlgang beinahe durchgerasselt wäre. 

Johnson kam zum Auftakt der konstituierenden Sitzung des 119. Kongresses zunächst nur auf 216 Stimmen aus den eigenen Reihen. Drei Republikaner stimmten für andere Namen, die gar nicht kandidiert hatten. Der demokratische Spitzen-Kandidat Hakeem Jeffries hatte dagegen sofort alle 215 Stimmen seiner Fraktion hinter sich, die im neuen Kongress in der Minderheit sein wird. 

Dem betroffenen Schweigen im Kreis von Johnson (man fürchtete die Schmach eines zweiten Wahlgangs) folgten hektische Verhandlungen und Telefonate mit den Abweichlern. Nach 30 Minuten waren Ralph Norman und Keith Self, die ihrem Spitzenmann vors Schienbein getreten hatten, weichgeklopft. Die Abgeordneten aus South Carolina und Texas korrigierten ihr Votum, Johnson hatte 218 von 434 möglichen Stimmen und war damit am Ziel.

Für Trump ein Grund zur Erleichterung. Ohne einen offiziell gewählten Sprecher ist das Repräsentantenhaus „nicht geschäftsfähig”, sagen Verfassungsrechtler in Washington. Ohne ihn könnten darum nicht die Wahlmännerstimmen des „Electoral college” ausgezählt und der Wahlsieg Trumps wasserdicht beurkundet werden. Ohne einen „Speaker” dürfen die Abgeordneten nicht einmal vereidigt werden oder die Regeln des parlamentarischen Betriebs geändert werden. 

Trump darf sich freuen

Jetzt steht der vorgeschriebenen Zertifizierung des Trump-Sieges unter Vorsitz von Vize-Präsidentin Kamala Harris am 6. Januar nichts mehr im Wege. Zur Erinnerung: 2021, damals ging es um den Sieg von Joe Biden, wurde die Prozedur durch von Trump-Anhängern verübte brutale Gewalt am Kapitol stundenlang verzögert.

Schon vor der „speaker”-Wahl war so gut wie klar, dass Johnson es sich nicht leisten konnte, mehr als eine Stimme seiner Fraktion zu verlieren, um den Vorsitz zu gewinnen. Diese eine, Thomas Massie, blieb ein Nein. Der Abgeordnete aus Kentucky hält Johnson für unwillig, die vor allem vom fiskalisch konservativen „Freedom Caucus” der Republikaner verlangten Haushaltskürzungen durchzusetzen. 

Andere, die dagegen vorher lautstark damit gedroht hatten, Johnson auflaufen zu lassen, wenn er nicht diverse Konzessionen macht, was das Staatsbudget und die Machtverteilung in wichtigen Kongress-Ausschüssen angeht, knickten frühzeitig ein. Andy Harris, Tim Burchett, Victoria Spartz, Andy Harris und Chip Roy zeigten sich offenbar doch beeindruckt von Trumps unmissverständlichem Wahl-Aufruf für Johnson. 

Glückwünsche von Trump

Der 78-Jährige hatte Johnson am Freitagmorgen demonstrativ Glück gewünscht und konstatiert, ein „Sieg für Mike heute wird ein großer Sieg für die republikanische Partei sein”. Dabei hatte Trump wohl im Hinterkopf, was der einst von ihm unterstützte Johnson-Vorgänger Kevin McCarthy 2023 erlitt. Seine „Parteifreunde” muteten ihm demütigende 15 Wahlgänge zu, bis er die nötigen Stimmen beisammen hatte. Später booteten sie ihn trotzdem kaltblütig aus.

FILE PHOTO: U.S. President-elect Trump attends a Turning Point USA event in Phoenix, Arizona

Prominente Republikaner wie Newt Gingrich, einst selbst „speaker”, rieten potenziellen Abweichlern vorher dringend dazu, ihren Widerstandsgeist zu unterdrücken. Er warnte, dass ein „Nein” zu Johnson die Demokraten stärken und Donald Trump den Start in eine ambitionierte zweite Präsidentschaft verhageln könnte. 

„Wenn wir auch nur einen Moment damit verbringen, darüber zu streiten, wer der Sprecher sein sollte, haben wir Zeit verschwendet”, sagte dazu der republikanische Abgeordnete Dusty Johnson im US-Fernsehen. „Das Problem ist, dass wir einige farbenfrohere Mitglieder haben, die die Dinge vielleicht anders sehen.“ 

Aber die Oppositionellen hatten eine große Schwachstelle: Niemand machte Anstalten, gegen Johnson anzutreten. Auch darum setzte sich der tiefreligiöse Familienvater durch. Was die politischen Tretminen für ihn nicht entschärft. Donald Trump persönlich schwächte Johnson in der Haushaltsdebatte im Dezember, in dem er einen überparteilich ausgehandelten Gesetzentwurf, der den Staat zahlungsfähig halten sollte, auch mit Hilfe seines Beraters Elon Musk kippen ließ. Johnson war düpiert. Jetzt ist er für zwei Jahre im Amt bestätigt. Schonzeit von Trump, so Analysten im US-Fernsehen, kann er nicht erwarten.

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