Glaubenskrieger der Republikaner

„Verrückter Vogel“: Senator Ted Cruz ist der Showman des Kreuzzugs der Rechten gegen Obamacare, und dabei nicht unumstritten.
Mächtige Drahtzieher bringen den rechten Flügel der Partei gegen Obama in Stellung.

Yes we can“, skandiert die Menge begeistert das einstige Wahlkampfmotto von Barack Obama. Doch bei diesen Veranstaltungen, die seit Wochen quer durch die USA stattfinden geht es nicht um Unterstützung für den Präsidenten, sondern um erbitterten Kampf gegen ihn, wenn es sein muss, bis zum Staatsbankrott. Der Hauptredner und Star dieser Tour ist Jim DeMint. Der ehemalige Senator aus dem traditionell erzkonservativen Bundesstaat South Carolina organisiert den Widerstand gegen das wichtigste Hassobjekt der US-Republikaner: Obamacare, die Gesundheitsreform des Präsidenten. „Können wir Obamacare den Geldhahn abdrehen?“, stellt der 62-Jährige immer wieder die rhetorische Frage, nur um sie sich von der Menge mit eben diesem „Yes we Can“ beanworten zu lassen.

„Bis zum bitteren Ende“

Frustriert war DeMint zu Jahresbeginn aus dem Senat ausgetreten, weil es ihm nicht gelungen war, dort den Widerstand gegen Obamacare zu organisieren. Jetzt ist er Mitglied der einflussreichen und finanzstarken rechten Denkfabrik Heritage Foundation und trägt von dort aus seinen Kampf gegen die Gesundheitsreform in den Kongress nach Washington. „Wenn der Präsident dieses Gesetz retten will, dann werden wir diese Schlacht eben ausfechten, bis zum bitteren Ende“, erklärt er öffentlich unablässig. Für ihn ist Obamacare ein Bruch mit einem politischen Grundprinzip der USA, dem „kleinen Staat“, der sich aus den Privatangelegenheiten der Bürger herauszuhalten hat, also auch ihrer Krankenversicherung.

Einen Etappensieg hat DeMint bereits erzielt. Im Repräsentantenhaus, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, hat er diese Mehrheit auf ein Nein zu Obamacare eingeschworen. Da diese Parlamentskammer in Budgetfragen das letzte Wort hat, kann sie Obamacare Gelder sperren, aber auch das überfällige Bundesbudget blockieren, notfalls bis zum Staatsbankrott in zwei Wochen.

John Boehner, Fraktionssprecher der Republikaner, ist damit entmachtet. Will er den Stellungskrieg, den der rechte Flügel der Republikaner austragen will, verhindern, muss er seine Mehrheit für einen Kompromiss gemeinsam mit den Demokraten suchen – und das schwächt seine Verhandlungsposition enorm.

Der Drahtzieher DeMint hat auch einen Mann fürs Grobe, der im Kongress für Stimmung sorgt – bei vielen auch für negative. Ted Cruz, der Senator aus Texas, machte kürzlich Schlagzeilen, als er versuchte, die Gesundheitsreform durch einen Filibuster, eine Endlosrede, zu stoppen. Das Unternehmen war zwar politisch erfolglos, machte aber den überzeugten Cowboystiefel-Träger zur Zentralfigur des Widerstands gegen Obamacare. Dass er dabei auf erbitterten Widerstand, auch eigener Parteikollegen stößt, ist Teil seiner Rolle. Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain etwa, beschimpfte den Selbstdarsteller Cruze als „verrückten Vogel“.

Bei der politischen Mitte kommt der Kreuzzug gegen Obama vorerst nicht gut an, doch die Überzeugung DeMints und seiner Truppe leidet darunter keineswegs. Erst dieser Krieg könne die Republikaner wieder einen – und falls das nicht glückt, so ein Kommentator, „wird er seine Anhänger in Stellung bringen, gegen die Partei.“

Nichts Neues vom US-Arbeitsmarkt: Der Arbeitsmarktbericht, auf den die Finanzwelt sonst gespannt wartet, fiel am Freitag aus. Schuld war der Stillstand der Verwaltung – niemand da, um die Daten zu veröffentlichen. Jede Woche Polit-Blockade in Washington kostet 0,1 Prozent der US-Wirtschaftsleistung, sagen Experten – Tendenz steigend.

Das gefährdet die Erholung der Weltwirtschaft, warnte der britische Premier David Cameron. China und Brasilien schwächeln, da sollten die USA zur Konjunkturlokomotive werden. Eine echte Finanzkatastrophe droht am 17. Oktober, falls die USA die Staatspleite ausrufen müssten. US-Präsident Obama warnte vor einem Schock mit schlimmeren Folgen als durch die Lehman-Pleite 2008. Der IWF hat soeben analysiert, dass sich US-Finanzprobleme global dramatisch auswirken.Die US-Situation ist natürlich nicht mit der von Griechenland & Co. vergleichbar: Diesen Ländern will niemand Geld leihen. Die USA erhalten beliebig hohe Kredite – und das so günstig wie nie. Das Problem ist rein politisch: Die Obama-Regierung darf keine neuen Schulden machen.

Dazu müssten die Parteien die Schulden-Obergrenze anheben, die bei 16.700 Mrd. Dollar liegt. Alle Tricks sind schon ausgeschöpft. Weil die Regierung weit mehr ausgibt, als sie einnimmt, ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem sie Gläubiger-Forderungen nicht fristgerecht zahlen könnte. Und da sind die Finanzmärkte streng: Das gilt als Staatspleite.

Kommentare