Händeschütteln mit dem umstrittenen Wahlsieger
Für Ungarns Premier Viktor Orbàn dagegen ist der zweifelhafte Wahlsieg der pro-russischen Partei "Georgischer Traum" nicht nur Grund für Begeisterung und Glückwünsche, sondern gleich für einen Blitzbesuch in Georgien. Einen "überwältigenden Sieg" habe Premierminister Irakli Kobakhidze erzielt, teilte Orbàn mit: "Die Menschen in Georgien wissen, was gut für sie ist und sie haben ihre Meinung laut kundgetan."
Dass die Staatspräsidentin Georgiens, Salome Surabischwili, offen von Wahlfälschung spricht und für Montag Abend zu Protesten gegen die Regierung und die Wahlen aufgerufen hat, irritiert Orbàn nicht. Noch am Montag hat sich der ungarische Premier auf den Weg nach Tiflis gemacht, um dort dem umstrittenen Wahlsieger, Premier Kobakhidze, persönlich zu gratulieren. Und das tut er nicht nur als Vertreter Ungarns, sondern auch als Vertreter der EU. Schließlich führt Ungarn derzeit den Vorsitz im EU-Rat, Orbàn ist damit amtierender EU-Ratsvorsitzender, bestimmt also maßgeblich die außenpolitische Agenda der Union.
"Ergebnis einer russischen Spezialoperation"
Wahlsieger Kobakhidze steht für den politischen Kurs Georgiens, der dem Land zuletzt einen offenen Konflikt mit der EU eingebracht hat. Gesetzliche Reformen, wie etwa verstärkte Zensur der Medien und Kontrolle von Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen, sind für politische Beobachter klar nach dem Vorbild Russland gestrickt. Die EU hat daraufhin reagiert und die Beitrittsverhandlungen mit Georgien, das ja Mitglied in der EU werden möchte, auf Eis gelegt. Der Premierminister versucht zu beruhigen, verspricht auch nach der Wahl weiterhin auf EU-Kurs zu bleiben: Man werde sich bis 2030 voll in die EU integrieren.
Für seine politische Gegenspielerin, Staatspräsidentin Surabischwili, ist die Wahl jedoch nichts anderes als das "Ergebnis einer russischen Spezialoperation", mit dem Ziel, das Land im Südkaukasus weiter unter die Kontrolle Moskaus zu bringen. Verantwortlich für dieses Ziel macht sie - wie auch viele westliche Politiker - den Premierminister und die Partei "Georgischer Traum". Als deren Drahtzieher und mächtigster Mann gilt der georgische Multimilliardär Bidsina Iwanischwili. Der hat sein Vermögen nicht nur zum größten Teil in Russland gemacht, er hat sein Land auch vom klaren Kurs in Richtung Europa weggeführt. Selbst Premierminister, musste Iwanischwili nach Korruptionsaffären und internationalen Geldwäsche-Skandalen die erste Reihe der georgischen Politik räumen und agiert seither im Hintergrund, was aber seine Macht nicht beeinträchtigt hat.
Blitzbesuch von Orbàn
Für Orbàn jedenfalls ist der pro-russische Kurs Georgiens kein Grund zur Sorge. Schließlich führt er sein eigenes Land auf einem ähnlichen Kurs. Enge wirtschaftliche Verbindungen nach Russland, uneingeschränkte Lieferungen von russischem Gas, Blockade von Militärhilfe für die Ukraine: Orbàn, der ja auch Wladimir Putin noch vor wenigen Monaten die Hand geschüttelt hat, brüskiert seine EU-Kollegen gerne mit diesen Liebesgrüßen nach Moskau. Der Blitzbesuch beim ebenso russlandfreundlichen Premierminister in Georgien ist nur ein weiterer Beweis für diese Haltung - und eine gezielte Provokation, wie sie Orban regelmäßig und mit sichtlicher Freude setzt.
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