Ukraine rechnet mit weiterem Kriegsgefangenenaustausch
Nach dem bisher größten Kriegsgefangenenaustausch zwischen der Ukraine und Russland hofft Kiew auf die Rückkehr weiterer inhaftierter Kämpfer in ihre Heimat.
In den nächsten Wochen könnten noch mehr Helden nach Hause zurückkehren, sagte der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez im Fernsehen in Kiew. "Es steht die Aufgabe, absolut alle zurückzuholen."
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Weiters in diesem Artikel:
- General warnt vor Munitionsmangel der ukrainischen Luftabwehr
- Russland will "Luftabwehrsystem wirklich erschöpfen"
- Erneut nächtliche Luftangriffe auf Ukraine
Nach langer Pause hatten Moskau, das seit fast zwei Jahren gegen die Ukraine Krieg führt, und Kiew am Mittwoch erstmals seit dem Sommer wieder Gefangene ausgetauscht.
230 ukrainische Männer und Frauen kehrten nach offiziellen Angaben aus russischer Gefangenschaft zurück. 248 russische Gefangene wurden in ihre Heimat entlassen, hieß es. Es hatte bereits Dutzende solcher Aktionen gegeben. Lubinez sagte auch, dass es zuletzt Bewegung auf russischer Seite gegeben habe, die Hoffnung mache auf einen neuen Austausch.
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Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington werteten Moskaus Rückkehr zur Praxis des Austauschs nach langer Pause als kalkulierten Schritt nach jüngsten Berichten über Misshandlungen ukrainischer Kämpfer in russischer Gefangenschaft. Russland wolle damit als Teil womöglich größer angelegter Informationsbemühungen zeigen, dass es sich an internationales humanitäres Recht halte, hieß es in der ISW-Analyse.
Noch mehr als 4.000 Ukrainer in Gefangenschaft
Nach Angaben aus Kiew sind noch mehr als 4.000 Ukrainer in russischer Gefangenschaft. Mehr als 2.800 sind demnach bisher nach Hause zurückgekehrt. Der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, bekräftigte das Ziel, alle Gefangenen in ihre Heimat zurückzuholen. Der Austausch aller Gefangenen ist auch Teil der sogenannten Friedensformel von Präsident Wolodymyr Selenskij.
Jermak kündigte am Donnerstag an, dass das nächste Treffen zu der Formel auf Ebene der nationalen Sicherheitsberater der Staaten noch im Jänner in der Schweiz geplant sei. Einen Tag vor Beginn des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos ist dort am 14. Jänner eine Ukraine-Konferenz geplant.
General warnt vor Munitionsmangel der Luftabwehr
Der ukrainische General Serhij Najew hat vor akutem Munitionsmangel der Luftabwehr seines Landes gewarnt.
Derzeit reiche die Munition für die mobilen Flugabwehrsysteme der Ukraine zwar aus, "um den nächsten heftigen Angriffen standzuhalten", sagte Najew der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch bei einem Truppenbesuch nahe Kiew. Mittel- und langfristig brauche die Ukraine aber "natürlich die Hilfe der westlichen Länder, um die Raketenbestände wieder aufzufüllen".
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Russland will "Luftabwehrsystem wirklich erschöpfen"
Dabei gehe es "vorrangig um mehr Munition". "Natürlich hätten wir gerne mehr Raketen für die Patriots und die Systeme selbst", sagte der für die mobilen Luftverteidigungseinheiten in der Hauptstadt Kiew und im Norden der Ukraine zuständige Kommandant der gemeinsamen ukrainischen Streitkräfte General in Hinblick auf US-Patriot-Abwehrsysteme.
Denn die russische Armee wolle "das Luftabwehrsystem wirklich erschöpfen".
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Aus Kiews Sicht verdeutlichte die massive russische Angriffswelle auf die Ukraine zum Jahreswechsel die Dringlichkeit für verstärkte westliche Lieferungen von Luftabwehrsystemen, Kampfdrohnen und Raketen mittlerer Reichweite.
In den vergangenen Tagen hatten sich die Kämpfe zwischen Kiew und Moskau verschärft. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte angekündigt, die Angriffe auf militärische Ziele in der Ukraine als Reaktion auf einen ukrainischen Angriff auf die russische Stadt Belgorod verstärken zu wollen.
Patriot-Abwehrsysteme sind ein entscheidender Teil der Militärhilfen für die Ukraine. Sie dienen der Bekämpfung von größeren Zielen in der Luft wie Flugzeugen, Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern und schießen nach ukrainischen Militärangaben auch russische Hyperschallraketen ab.
Das System besteht aus einem Radarsystem und mehreren Startgeräten für Abwehrraketen, der Großteil wird ausschließlich in den USA produziert. Deutschland lieferte der Ukraine bisher zwei solcher Systeme.
Erneut nächtliche Luftangriffe auf Ukraine
Russland setzt seine Serie nächtlicher Luftangriffe auf die Ukraine fort. In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde am späten Mittwochabend Luftalarm ausgelöst. „Eine Explosion in Charkiw. Die Besatzer schlagen zu“, schrieb der Leiter der regionalen Militärverwaltung von Charkiw, Oleh Synjehubow auf Telegram.
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Angaben zu Schäden oder Verletzten gab es nicht. Mehrere Stunden flogen auch russische Kampfdrohnen über der Ukraine und bedrohten Gebiete im Süden und Westen.
An der Front im Osten und Süden gingen die Gefechte weiter, wenn auch wegen einer heraufziehenden Kaltfront weniger intensiv. Der ukrainische Generalstab sprach im Abendbericht für Mittwoch von 47 russischen Angriffsversuchen. Am Donnerstag ist der 680. Tag seit Beginn der großangelegten russischen Invasion in das Nachbarland.
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