Freigelassene Straftäter: Putins Söldner morden auch in Russland weiter
"Wer hat dieses Monster freigelassen?" Die Verwandten der 18-jährigen Katja Skwortzowa sind fassungslos. Die junge Frau war 2019 im Dorf Alachanaj nahe des Baikalsees ermordet worden, zu Tode gewürgt und zerstückelt, von einem Mann namens Zyren-Dorschi Zyrenschapow.
Jetzt hat er es wieder getan: Diesmal war das Opfer eine 22-jährige Prostituierte, auch sie hat er stranguliert.
Freigelassen hat den Mann niemand geringerer als Wladimir Putin. 14 Jahre hätte Zyrenschapow für den Mord eigentlich absitzen sollen, doch da er sich freiwillig für den Fronteinsatz in der Ukraine gemeldet hatte, kam er danach frei. Der Kremlchef stellte ihm dafür eigenhändig das Dekret aus.
Angst
Die Verwandten der Opfer sprechen mit Medien meist nur anonym, so auch in diesem Fall. Sie alle haben Angst, selbst attackiert zu werden, schließlich gilt jede Kritik an der "Spezialoperation" gegen die Ukraine als Straftat. Dazu kommt die Angst vor den Straftätern selbst.
Denn der Mord an der Prostituierten ist kein Einzelfall: Zumindest 20 Morde oder Mordversuche durch Frontrückkehrer, die zuvor in Straflagern gesessen hatten, hat das Portal Verstka zusammengetragen, 160 Strafverfahren gibt es insgesamt gegen Ukraine-Veteranen mit Gefängnis-Vorgeschichte. Vermutlich ist das nur die Spitze des Eisbergs: Die 20 Fälle sind nur jene, die bereits gerichtlich verfolgt werden. Viele werden nicht mal verfolgt.
Im Kreml dürfte man sich der Problematik zwar bewusst sein, dagegen unternehmen will man offenbar aber nichts - im Gegenteil. Die begnadigten Straftäter sind als Kanonenfutter ein großer Faktor an der Front geworden, deshalb will Putin die bisher etwas obskure Praxis der Begnadigung jetzt sogar einen rechtlichen Rahmen geben - das ist Teil seiner Initiative, den Veteranen des Krieges öffentlich zu mehr Stellenwert zu verhelfen, um die Bevölkerung für den Krieg zu begeistern.
Recht auf Begnadigung
Bisher erhielten die Straftäter nach dem abgeleisteten Fronteinsatz ein Dekret des Präsidenten, künftig haben sie ein Recht auf Begnadigung, sofern ihr Kommandant dem zustimmt. Ausgenommen sollen lediglich Straftäter sein, die wegen Terrorismus, Spionage, Hochverrat oder Sexualverbrechen an Minderjährigen verurteilt wurden.
In den Medien wird derweil immer öfter über Fälle wie jenen in Alchanaj berichtet. Von einem Wagner-Kämpfer, der in Rostow-am-Don eine Maklerin während einer Wohnungsbesichtigung erstach, über einen Serienmörder, der seine Opfer aß, bis hin zu einem Satanisten, der rituelle Morde verübte.
50.000 Häftlinge im Einsatz
50.000 Häftlinge soll Wagner-Chef Jewgenij Prigoschin bis zu seinem Tod im Sommer 2023 rekrutiert haben., zumindest 15.000 sollen noch immer in der Ukraine kämpfen, schätzt die NGO Russia Behind Bars. Viele der Rückkehrer, heißt es dort, würden ihre Heimatstädte regelrecht terrorisieren: Sie sind mit ihrem monatlichen Wagner-Salär von 2000 Dollar meist deutlich wohlhabender als andere Russen, das sorge oft für eine gewisse Überheblichkeit im Auftreten. Ihren Status, der ja auch öffentlich aufgewertet wird, würden sie auch gegenüber den Behörden ins Treffen führen - Polizisten reagierten zum Teil regelrecht eingeschüchtert. Das behindert auch die Strafverfolgung.
Darauf angesprochen, dass das in der Zivilgesellschaft für massive Probleme, reagierte Putins bisher nur abwiegelnd. "Das ist unvermeidlich", sagte er im vergangenen Jahr. "Aber die Auswirkungen sind minimal."
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