"Die westlichen Eliten sind immer noch Putin-hörig“

"Die westlichen Eliten sind immer noch Putin-hörig“
Werden nicht bald Waffen geliefert, wird Putins nächstes Ziel der Westen sein, sagt der ukrainische Botschafter Vasyl Khymhnets. Ein Gespräch über Spionage, Russland-Freunde in Österreich und die FPÖ.

KURIER: Im US-Medium Politico haben hochrangige ukrainische Offiziere jetzt gewarnt, dass die Front sehr schnell einbrechen wird, wenn der Westen nicht bald Waffen liefert. Stimmt das? 

Vasyl Khymynets: Mag sein, dass das eine journalistische Zuspitzung ist. Was aber stimmt: Wenn die Lieferungen ausblieben, wird es schwieriger bis unmöglich die Frontline zu halten. Im Krieg geht es um Mathematik: Wenn der Feind dank Nordkorea und Iran 10.000 Granaten pro Tag abfeuert, brauchen wir wenigstens die Hälfte davon, um zu bestehen. Ohne neue militärische Hilfe – Artilleriegranaten, Flugzeuge, Luftabwehr – – wird unsere Verteidigungfähigkeit sehr erschwert. Im Westen lagern noch tausende Systeme, aber zu wenig davon kommt zu langsam an.

Was ist Ihre Erklärung für diese Zögerlichkeit?

In Demokratien muss alles ausdiskutiert und der Bevölkerung vermittelt werden, das ist komplex und dauert. Wenn noch Wahlkampf ist wie in den USA und Österreich, ist es noch schwieriger.

Zudem stehen viele Eliten noch immer unter Russlands Einfluss, sind geradezu Putin-hörig. Auch deshalb hat die Ukraine in den letzten zwei Jahren nicht bekommen, was sie braucht – sonst wäre die Lage an der Front eine andere, und Putin auch Geschichte. Aber die Eliten können sich Russland ohne Putin nicht vorstellen, das ist wie 1991: Damals wollte der Westen auch verhindern, dass die UdSSR kollabiert – weil man keinen Bürgerkrieg, keinen Zerfall, keine Atomwaffen in den falschen Händen wollte. Passiert ist es trotzdem, und auch jetzt muss man sich auf Post-Putin-Szenarien vorbereiten: Russland kann ohne ihn existieren. Denn schlimmer als Putin ist nur Putin.

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