"Jeden Tag Beschuss"
„Es gibt jeden Tag Beschuss“, sagt Denis, 33, dem Oppositionsmedium Berega; 16 Tote gibt es laut der Regionalverwaltung bereits, Anna, 24, die wie er in Belgorod wohnt, sagt: „Es kann von überall kommen, und man kann sich nirgendwo verstecken.“ Mehrere hundert Schutzcontainer hat die Stadt darum kürzlich in den Straßen aufgestellt, und an Hauseingängen wurden Notknöpfe angebracht, damit die Türen bei Sirenenalarm automatisch aufgehen. Stahlmagnat Alexej Mordaschow, der nahe der Grenze eines Eisenmine betreibt, hat seinen Mitarbeitern kostenlose Umzüge angeboten; und die Frühlingsferien hat man einfach eine Woche früher gestartet – 9000 Kinder aus Belgorod wurden in andere Regionen in Sicherheit gebracht.
90 Prozent für Putin
In den großen Staatsmedien liest man davon kaum etwas. Die Agentur TASS meldet nur stolz, dass zuletzt alle Angriffe abgewehrt worden seien, und dass „kein einziger Arzt hat seinen Arbeitsplatz verlassen“, habe. Putin freute sich offiziell über seine überdurchschnittlich guten Wahlergebnisse in der Grenzregion, 90 Prozent sollen es angeblich in Belgorod gewesen sein. Die Offiziellen interpretierten das als „sichtbare Unterstützung“ für Putins „Spezialoperation“.
Was nicht kommuniziert wird: Dass bereits jetzt Truppen aus der Ukraine ins Inland transferiert werden. Ein Kreml-Insider bestätigte das gegenüber Bloomberg und Oppositionsmedien, „der Krieg wird auf russischem Territorium geführt“, wird er zitiert. Grund dafür sind nicht nur die Angriffe auf militärische Ziele, sondern vor allem die ukrainischen Drohnenangriffe, unter denen die russische Industrie leidet: Zehn Prozent der Kraftstoffproduktion sind mittlerweile lahmgelegt.
Die Ukraine will damit Putins Kriegsmaschinerie stören. Ziele der Angriffe sind hauptsächlich Raffinerien für Benzin und Diesel – innerhalb Russlands hat das die Kraftstoffpreise auf ein Rekordhoch getrieben. Zu lesen ist darüber in den Staatsmedien allerdings auch kaum etwas.
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