Ukraines Ex-Minister: "Die Zeit für Verhandlungen ist noch nicht reif"
Der ukrainische Ex-Verteidigungsminister Oleksij Resnikow glaubt nicht an baldige Verhandlungen mit Russland noch in diesem Jahr. "Die Zeit für Verhandlungen ist noch nicht reif - weder auf dem Schlachtfeld noch geopolitisch", sagt der 58-Jährige im Interview mit der "Presse". Der Schlüssel liege in den USA. Zwar kenne man die Haltung von US-Präsident Joe Biden und seiner Stellvertreterin und möglichen Nachfolgerin Kamala Harris, nicht jedoch die von Donald Trump.
Trump habe sich in der Debatte um das 61-Milliarden-Hilfspaket für die Ukraine still verhalten, was bedeute, dass er dafür gewesen sei, so Resnikow. Doch wisse man nicht, ob und in welcher Weise die Wahl im November ein Wendepunkt sein werde. "Trump sagte, er werde das Ukraine-Problem lösen. Wir werden sehen", zeigt sich Resnikow abwartend.
"Alle Kriege endeten"
Ein Waffenstillstand mit Russland sei derzeit nicht absehbar, auch bei den Verhandlungen in Istanbul sei man damals weit davon entfernt gewesen, so Resnikow zur "Presse" am Rande des Globsec-Forums in Prag. Dennoch zeigt sich der ehemalige Verteidigungsminister zuversichtlich: "In der Geschichte der Menschheit endeten alle Kriege." Auch in den nächsten Jahrzehnten werde die Ukraine mit den Russen als Nachbarn leben müssen. "Deshalb hoffen wir, dass wir in Russland irgendwann eine normale Regierung haben werden, die versteht, dass wir Nachbarn sind, dass wir ein Staat und eine Nation sind, dass wir Menschen sind."
Die ukrainische Offensive in der russischen Region Kursk sei sehr leise vorbereitet worden - "nicht mit lautem Hurra wie bei der großen Gegenoffensive im Süden", so Resnikow weiters. Durch den Erfolg der Operation hätte die Ukraine eine Moralspritze erhalten. Eines der Ziele sei es zudem, die Russen zu zwingen, Streitkräfte vom Hauptschlachtfeld im Donbass abzuziehen, was bisher noch nicht funktioniert habe. Da Zehntausende Russen aber ihre Häuser verlassen mussten, werde die russische Bevölkerung bald Fragen stellen. Er könne sich sogar vorstellen, dass dies zum Zusammenbruch des russischen Imperiums führe, glaubt Resnikow.
Ein Ende des Krieges werde wahrscheinlich nicht den Konflikt mit Russland beenden, zeigt sich Resnikow gegenüber der Tageszeitung überzeugt. "Wir werden lange verhandeln, mit verschiedenen Phasen: Waffenstillstand, Gebietstausch und so weiter. Der Konflikt wird erst enden, wenn die Führung in Moskau ihre Denkweise ändert."
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