Weizen aus der Ukraine sorgt für neuen Streit Berlin-Paris
Noch vor ein paar Tagen konnten sich Olaf Scholz und Emmanuel Macron gar nicht oft genug auf die Schulter klopfen. Vergessen der Streit der vergangenen Wochen, vor allem bei der Unterstützung der Ukraine seien Deutschland und Frankreich völlig auf einer Linie.
Schöne Worte, keine Taten
Schöne Worte, auf die offensichtlich keine Taten folgen. Schon wieder entzweit Kiew die zentrale politische Achse der EU. Grund sind diesmal die Importe von Agrarprodukten aus der Ukraine. Nach dem Ausbruch des Krieges hatte die EU die Grenzen für ukrainische Waren geöffnet – auch weil die bisherigen Transportrouten über das Schwarze Meer durch Russland blockiert waren. Der Agrarriese Ukraine, der etwa den ganzen Nahen Osten mit seinem Getreide versorgt, sollte ungehindert exportieren können. Doch wegen der enorm niedrigen Preise für die ukrainischen Produkte landeten diese schließlich auch auf den EU-Märkten. So verzehnfachte sich etwa der Import von Zucker aus der Ukraine.
Ärger der Bauern
Der Ärger über die Billigkonkurrenz war einer der Hauptgründe für die Proteste der Landwirte überall in Europa. Und weil die die EU-Politik gerade vor den Europawahlen im Juni gewaltig unter Druck setzen, vollführte man in Brüssel eine politische Kehrtwende.
Obergrenzen
Schon vor dem EU-Gipfel in der Vorwoche wurden erstmals wieder Mengenbeschränkungen für Agrarprodukte aus der Ukraine eingeführt. Zwar wolle man grundsätzlich die offenen Grenzen beibehalten, betonte man in Brüssel, doch nur bis zu einer gewissen Menge.
Wien für Beschränkung
Schon auf dem EU-Gipfel wurde deutlich, dass das vielen Staaten nicht genügte. Frankreich und Polen etwa drängten auf strengere Maßnahmen. Hatte man Weizen – die wichtigste Einnahmequelle der ukrainischen Landwirtschaft – zuerst noch von den Beschränkungen ausgenommen, sollte er jetzt wieder auf die schwarze Liste. Am Mittwoch wurde in Brüssel sogar darüber verhandelt, die gesamten Einfuhrbeschränkungen für die Ukraine wieder in Kraft zu setzen. Auch Österreich ist da auf der Seite jener, die die Landwirte vor der Konkurrenz des Agrarriesen abschirmen wollen.
"Markt destablisiert"
Die Zollfreiheit für ukrainische Einfuhren in die EU habe zu „Exzessen“ geführt, die „den europäischen Markt destabilisiert“ hätten, sagte Frankreichs Präsident Macron. Für Deutschland ist das ein neuerlicher Bruch jener Versprechen, die man der Ukraine gegeben hat.
"Sonntagsreden"
Die Einigung der Vorwoche sei ein „schwieriger Kompromiss für alle Beteiligten“ gewesen, sagte Deutschlands Agrarminister Cem Özdemir bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen. Wer jetzt fordere, das Paket wieder aufzuschnüren, „muss sich irgendwann einmal die Frage stellen lassen, wie er es eigentlich mit der Solidarität mit der Ukraine hält. Man kann nicht in Sonntagsreden Solidarität mit der Ukraine predigen und von Montag bis Freitag das Gegenteil machen.“
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