Moskau lockt mit Geld
Mehr als 150 Soldaten mit chinesischem Pass habe man identifiziert, sagt Selenskij, für die Russen kämpfen würden, aber es gebe wohl unzählige weitere. Das sei eindeutig eine „offenkundige Beteiligung“ Chinas an dem Krieg, obwohl das Land immer behauptet hat, neutral zu sein, sagt er. Kann das sein? Und wie passt das mit der Ankündigung Chinas zusammen, irgendwann mal Friedenstruppen schicken zu wollen?
Die Situation ist nicht so einfach, wie Selenskij sie darstellt. Auf beiden Seiten kämpfen viele Soldaten aus anderen Staaten, teils legal und internationalem Recht unterworfen wie in der Internationalen Legion der Ukraine, die 20.000 Ausländer umfasst – dort sind die meisten Freiwillige, die aus Überzeugung dort sind.
Moskau hingegen setzt schon vor allem auf Söldner, wie man spätestens seit dem Aufstand der Wagnertruppen 2023 weiß. Wagner und andere russische Söldnerfirmen rekrutieren dafür meist in Zentralasien und Afrika, die Herkunftsländer der Soldaten haben dabei allerdings wenig mitzureden. Söldner, die gegen gutes Geld in den Krieg ziehen, verlieren zwar ihre Staatsbürgerschaft, doch das haben die Firmen meist eingepreist.
Falsche Versprechen
Daneben setzt Russland gezielt Rekrutierer für die Streitkräfte ein – auch im Ausland, obwohl das nicht überall legal ist. Das dürfte auch bei den zwei Chinesen der Fall gewesen sein: Einer der Gefangenen sagte laut der Ukrainskaja Pravda, er sei in China von einem russischen Vermittler angesprochen worden und habe mehr als 3.000 Euro bezahlt, um Russe werden zu dürfen – denn er hatte Probleme mit der Justiz. Doch auch die Aussicht auf den hohen Verdienst in der Armee lockte ihn, ebenso wie den anderen Gefangenen: Ihn habe eine Anzeige überzeugt, die 24.000 Dollar für den Eintritt in die Armee versprach.
Russland platziert in den sozialen Netzwerken inner- und außerhalb des Landes ganz bewusst, wie hoch die Armeegehälter sind. Mit etwa 1.700 Euro Anfangsgehalt hat man monatlich zweieinhalb mal so viel wie ein Durchschnittsrusse, dazu gibt es hohe Boni. Das funktioniert vor allem in Zentralasien, wo die Gehälter noch unter den russischen liegen – und im teils bitterarmen China auch.
Um den Soldatenmangel auszugleichen, setzt Moskau aber auch Zwangsrekrutierer ein. Sie konzentrieren sich vor allem auf Straftäter aus anderen Staaten und bieten Deals an: Wer in Russland verhaftet wird, kann zur Armee gehen, statt in U-Haft ein korruptes Verfahren abzuwarten. So landen viele unfreiwillig im Krieg, wohl auch viele Chinesen. Russland verhaftet seit Jahren regelmäßig chinesische Staatsbürger, die im Grenzgebiet illegal Wald für die Möbelindustrie abholzen.
Was ist das Kalkül?
Über diese Umtriebe Moskaus weiß auch Kiew Bescheid. Darum erscheint Selenskijs Vorwurf an Peking, bewusst Soldaten geschickt zu haben, auf den ersten Blick nicht logisch: Zwar ist China nicht neutral, es unterstützt Russland massiv, indem es Öl kauft und das Gros jener Technologiekomponenten für den Krieg liefert, die Russland wegen der Sanktionen nicht mehr aus dem Westen bekommt. Aber Soldaten zu schicken, wäre für Peking kontraproduktiv – der Handel mit Europa würde einbrechen, und das will niemand.
Selenskijs Ziel dürfte darum eher Washington als Peking gewesen ein. Seit Donald Trump sich von ihm absetzt, ihn auch öffentlich desavouiert – siehe Rohstoff-Knebelvertrag –, versucht Selenskij alles, um die USA wieder auf seine Seite zu ziehen. Die Botschaft, dass der Lieblingsfeind China der USA nun auch in der Ukraine mitmische, dürfte in Washington aber nicht angekommen sein.
Trump, der sonst zu allem etwas zu sagen hat, hat das Ganze schlicht ignoriert.
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