Vor allem aber: Die ukrainische Luftabwehr hätte das Geschoss abfangen können, wenn die NATO-Staaten ihr Versprechen gehalten hätten, die Ukraine ausreichend bei ihrer Verteidigung beizustehen.
Worum geht es nun beim dreitägigen NATO-Gipfel und was hat die Ukraine davon? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Die USA und weiter NATO -Staaten sagen der Ukraine die Stärkung ihrer Luftabwehr zu. Wird das die entscheidende Rettung sein?
Äußerst unwahrscheinlich. Derzeit verfügt die Ukraine über nur vier „Patriot“-Luftabwehrsysteme – sie würde aber laut Selenskij mindestens sieben brauchen. Aber erst mit 25 Systemen wäre das Land umfassend geschützt.
Damit könnte der Großteil feindlicher Flugzeuge, ballistischer Raketen und Marschflugkörper bereits aus einer Entfernung von 100 Kilometern und 30 Kilometern Höhe abgewehrt werden.
Beim NATO-Gipfel haben die USA nun ein weiteres Patriot-System versprochen. Deutschland, Rumänien und die Niederlande hatten schon zuvor jeweils ein Patriotsystem in Aussicht gestellt – aber bisher noch nicht geliefert.
Hochrangige NATO-Mitarbeiter gehen davon aus, dass die Abwehrsysteme frühestens nächstes Jahr der Ukraine übergeben werden.
Ist ein NATO-Beitritt Thema beim NATO-Gipfel?
Kiew wird weitere militärische Unterstützung erhalten. „Und der am Ende des Krieges wird die Ukraine ein freies und unabhängiges Land geblieben sein“, versicherte US-Präsident Joe Biden. Doch von einer Einladung zu einem NATO-Beitritt ist beim Gipfel in Washington keine Rede. Die USA zählen dabei neben Deutschland zu den entschiedensten Gegnern einer Aufnahme der Ukraine ins Militärbündnis.
Die NATO richtet einen zunehmend besorgten Blick auf China. Sieht sie in der Volksrepublik ihren gefährlichsten Gegner der Zukunft?
Es sind vor allem die USA, die mächtig Druck machen. Mit Sorge blicken die Vereinigten Staaten, aber auch Chinas Nachbarn auf die wachsende Dominanz Pekings im südchinesischen Meer und damit über eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt.
Beim Gipfel der NATO sind deshalb nun auch Japan, Australien, Südkorea und Neuseeland eingeladen. Mit vier gemeinsamen Projekten soll die Zusammenarbeit gegen China vertieft werden.
Und worum geht es?
Die gemeinsame Abwehr von Cyberangriffen, Kampf gegen Desinformation, gemeinsame Tecnologie-Analyse mittels Künstlicher Intelligenz und Unterstützung des ukrainischen Gesundheitswesens.
Wird die NATO also jetzt eine globale NATO?
Nein, der berühmte Artikel 5 – wonach alle NATO-Staaten einander verteidigen, sollte einer von ihnen angegriffen werden – gilt weiter nur für die 32 Mitglieder. Und auch schon die stärkere Frontstellung gegen China heißen nicht alle gut. Frankreich etwa bremst. Paris befürchtet, dass China die engere Anbindung der vier Indo-Pazifik-Staaten an die NATO in China als Provokation verstehen könnte.
Was genau gibt es jetzt beim 75-Jahr-Jubiläum der NATO zu feiern?
Der eigentliche Geburtstag des westlichen Militärbündnisses war der April 1949. Doch einmal im Jahr, im Sommer, findet das jährliche Gipfeltreffen der Mitgliedsstaaten statt – heuer unter anderem genau in jenem Saal in Washington, wo vor einem Dreivierteljahrhundert der NATO-Vertrag unterschrieben wurde.
„Die NATO ist die größte und effizienteste Verteidigungsgemeinschaft in der Geschichte", sagt Biden. Das Bündnis sei "intelligenter, stärker und vitaler als je zuvor".
Und das bedeutet?
Von „hirntot“, als die sie einst Frankreichs Präsident Macron bezeichnet hatte, ist bei der NATO keine Rede mehr. Das hat vor allem zwei Gründe: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, das der Bündnis wieder auf seine Kernaufgabe blicken ließ – die gemeinsame Verteidigung. Aber auch Ex-US-Präsident Donald Trump: Auch er hatte das Bündnis einst als „obsolet“ bezeichnet und die europäischen Mitgliedsstaaten beschimpft dafür, dass sie zu wenig zahlten. Der Doppeldruck wirkte: Heute wenden wieder 23 der 32 NATO-Staaten wieder mindestens zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auf. Insgesamt sind die Verteidigungsausgaben heuer bereits um fast 20 Prozent gestiegen - so viel wie seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr.
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