Pendeln mit der Bundeswehr
Über Tage sind die Mitarbeiter des österreichischen Krisenstabs gependelt: zwischen Taschkent im benachbarten Usbekistan, wo man das Hauptquartier eingerichtet hat, und dem Flughafen von Kabul. In Transportmaschinen der deutschen Bundeswehr hat man auch die Österreicher ausgeflogen. Etwa 100 Menschen sind so nach Usbekistan gelangt. Dort hat man sie betreut, ihre Papiere kontrolliert, sie schließlich in die Flieger Richtung Frankfurt gesetzt.
„Es waren viele Familien darunter, aber auch viele alleinreisende Frauen, oft mit Kleinkindern und sogar einem 4 Monate alten Säugling“, beschreibt der hochrangige Diplomat seine Schutzbefohlenen der vergangenen Tage. Anfangs hatten sich gerade einmal zwei Dutzend Menschen bei den österreichischen Behörden gemeldet, die um Hilfe bei der Heimkehr baten. Dann aber wurden es täglich mehr – und die Ausreise wurde täglich schwieriger.
Visa und Schutzbriefe
Seit Freitag fliegt die Bundeswehr nicht mehr. Wie die anderen EU-Staaten hat Deutschland die Evakuierung auf dem Luftweg eingestellt. Jetzt bleibt nur der Landweg – und der ist lang, mühsam und gefährlich. „Wir sind ständig in Kontakt mit den Behörden der Nachbarländer“, erzählt der Diplomat, „versuchen Einreisevisa für die Menschen zu organisieren, stellen Schutzbriefe aus, schauen, dass die Behörden an den Grenzen die Namen der Betroffenen kennen.“ Schließlich sind die Grenzen, egal ob nach Usbekistan, oder Pakistan, eigentlich geschlossen. Jede Ausnahme ein Drahtseilakt.
Familienclans
Ab der Grenze zum Nachbarland setzt also die Unterstützung des Krisenstabes ein. Bis dahin aber müssen es die Flüchtenden im Alleingang schaffen. Mit dem eigenen Auto, oder aber mit Reisebussen, die aus Kabul an die Grenze fahren, tagelang.
„Es ist bemerkenswert, wie gut organisiert die Menschen auch inmitten dieser Katastrophe sind“, schildert der Österreicher in Taschkent die Geschichten, die er in den letzten Tagen zu hören bekommen hat: „Es sind große Familienclans und da hilft man einander, in jeder Situation.“ Freude und Erleichterung wechseln da mit erschütternden Szenen an den Grenzen. Dann, wenn einer der Reisenden nicht auf der richtigen Liste steht, und die Gruppe die Entscheidung trifft: Alle oder keiner. Dann endet die Flucht aus Afghanistan schon an der Grenze.
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