Turkmenistan: Ein "Nordkorea mit sehr viel Erdgas"
Marmor, nichts als weißer Marmor: So hat es sich der Diktator gewünscht, und so haben es die meist aus der Türkei herbeigeholten Baufirmen in die Steinwüste an der Grenze zum Iran gestellt.
Ashgabad, die Hauptstadt Turkmenistans, wirkt wie die seltsam größenwahnsinnige Fantasie eines Kindes. Ein Stadtzentrum, riesenhaft in der Fläche und weitgehend menschenleer, das vor allem aus wer-weiß-wievielspurigen Straßen, turmhohen Monumenten mit vergoldeten Spitzen und Palästen besteht, deren Zweck man oft nicht erkennen kann.
Wie der Präsident wohnt
Im größten dieser Paläste wird an diesem kühlen Novembertag Österreichs Außenminister Michael Linhart empfangen, vom allgewaltigen Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedov persönlich. Palast, das wäre eigentlich zu verniedlichend für dieses Bauwerk, das aus vielen Teilen und noch mehr goldenen Kuppeln besteht. Zum Präsidenten selbst wird Linhart nur alleine vorgelassen, selbst die engsten Mitarbeiter des Außenministers werden vor dem meterhohen Zaun geparkt.
Im Gespräch, so berichtet Linhart später dem KURIER, sei der Präsident jovial und interessiert gewesen, interessiert vor allem an wirtschaftlichen Beziehungen mit Österreich. Turkmenistan braucht Innovation, und die holt man sich nur zu gerne auch aus Europa.
Geld für technischen Fortschritt gibt es genug. Das Land sitzt auf einer riesigen Erdgas-Blase und hat obendrein Erdöl. Linhart ist nach Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan auch deswegen hierher gekommen, um über das Land in Zentralasien zu sprechen, das derzeit in Europa für die größten Befürchtungen sorgt: Afghanistan. Versinkt Turkmenistans Nachbar nach der Machtübernahme der Taliban erneut im Chaos, drohen eine Hungersnot und damit eine Fluchtwelle.
Geduld müsse man haben, meint der turkmenische Diktator dazu, und man müsse auch mit den Taliban reden. Hintergrund: Für Turkmenistan und auch sein Erdgas führt der Weg, etwa zu den Häfen des Indischen Ozeans, über Afghanistan. Wenn man also in die Zukunft blickt, blickt man hier nach Süden.
Dass diese Zukunft weltoffen sein kann, kann man sich in dem isolierten Land kaum vorstellen. "Nordkorea mit sehr viel Erdgas", nennt ein österreichischer Turkmenistan-Kenner das Land – zumindest was die Größe der Statuen und die Verherrlichung der Herrscher anbelangt, trifft das zu. Doch die Statuen des Staatsgründers Turkmenbashi, der das Land in die Unabhängigkeit von der UdSSR führte, werden allmählich aus dem Zentrum der Hauptstadt entfernt.
Rauchverbot im Freien
Nachfolger Berdimuhamedov, zuvor Leibarzt Turkmenbashis, hat inzwischen seine eigenen Launen, nach denen er den Staat gestaltet. Dass der Arzt das Rauchen im Freien verboten hat, hört sich ja noch nachvollziehbar an. Dass er dagegen nur weiße und silberne Autos auf den Straßen der Hauptstadt sehen will, klingt schon etwas verrückter.
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