Streit um Türkei bei Anti-IS-Treffen

Ein irakischer Soldat vor den Toren von Mossul.
Die Verteidigungsminister beraten in Paris. Die Frage ist, werden die Dschihadisten fliehen oder sich einen Kampf auf Leben und Tod liefern?

Überschattet vom Konflikt um das türkische Engagement im Irak sind am heutigen Dienstag in Paris die Verteidigungsminister der Anti-IS-Koalition zusammengekommen, um über die Offensive gegen die IS-Hochburg Mossul zu beraten. Irakische Eliteeinheiten rückten indes bis auf wenige Kilometer an die Millionenstadt heran.

"An unserer Front sind wir nur noch fünf oder sechs Kilometer von Mossul entfernt", sagte der Kommandant der Anti-Terror-Einheit, Abdelghani al-Assadi. Nun müssten sich die Elitesoldaten mit den anderen Kämpfern koordinieren, um die Offensive zu beginnen. Nordöstlich von Mossul waren kurdische Peshmerga-Kämpfer ebenfalls schon Mossuls Vororten nahe, während die von Süden heranrückenden regulären irakischen Truppen noch einen weiteren Weg vor sich hatten.

Gewaltsamer Kampf erwartet

Schiitische Einheiten waren unterdessen im Einsatz, um die Verbindungsstraßen zwischen Mossul und den IS-Gebieten in Syrien einzunehmen. "Unsere Mission ist es, die Flucht (des IS) in Richtung Syrien zu verhindern und Mossul völlig von Syrien abzuschneiden", sagte Jawad al-Tulaibawi, ein Sprecher der schiitischen Miliz Asaib Ahl al-Haq. "Wir erwarten einen gewaltsamen und schwierigen Kampf."

Streit um Türkei bei Anti-IS-Treffen

Anti-IS-Koaliton tagt in Paris

Unter Leitung des französischen und des amerikanischen Verteidigungsministers, Jean-Yves Le Drian und Ashton Carter, berieten am Dienstagnachmittag die Militärchefs von Großbritannien, die Niederlande, Australien, Italien, Deutschland, Spanien, Dänemark, Norwegen, Belgien, Neuseeland und Kanada in Paris über die weiteren Schritte im Kampf gegen den IS.

Bei dem Ministertreffen sollte unter anderem über den Zeitplan zur Einnahme Mossuls beraten werden. Kurz vor Beginn des Treffens gab die NATO den Start von Awacs-Aufklärungsflügen über dem IS-Gebiet in Syrien und dem Irak bekannt.

IS-Führer sollen Mossul verlassen haben

Unklar sei, wie sich der IS bei einem weiteren Vorrücken auf Mossul verhalten werde, verlautete aus französischen Regierungskreisen. Die IS-Kämpfer könnten die Stadt fluchtartig verlassen, um sich woanders zu sammeln, oder einen Kampf auf Leben und Tod liefern. Nach irakischen und amerikanischen Erkenntnisse haben einige IS-Führer bereits Mossul verlassen. Es gibt aber auch Berichte, wonach Hunderte Dschihadisten in die umkämpfte IS-Hochburg strömen.

Der deutsche Nahost-Experte Guido Steinberg sagte dem rbb-Inforadio, er rechne nicht mit einem schnellen Abschluss der Offensive. Es werde schwierig werden, die 4.000 IS-Kämpfer aus Mossul zu vertreiben.

Irak und Türkei fehlt in Paris

Die Verteidigungsminister des Irak und der Türkei fehlten beim Pariser Treffen. Bagdad lehnt eine Beteiligung Ankaras an der Offensive auf Mossul ab, doch ist die türkische Armee trotzdem aktiv. So berichtete der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montag, dass 17 IS-Kämpfer durch Schüsse aus der türkischen Militärbasis Bashika östlich von Mossul getötet worden seien. Die türkischen Soldaten sind dort stationiert, um Peshmerga-Kämpfer auszubilden.

PKK ist türkisches Ziel

Cavusoglu schloss am Dienstag auch eine türkische Bodenoffensive nicht aus, nannte aber die kurdische Rebellengruppe PKK als Ziel. "Sollte sich eine Bedrohung für die Türkei ergeben, werden wir alle unsere Möglichkeiten einschließlich einer Bodenoffensive nutzen", sagte der Außenminister.

Entlastungsangriffe des IS

Die IS-Kämpfer setzten unterdessen ihre Taktik von Entlastungsangriffen an anderen Orten fort. Nachdem sie bereits die kurdische Stadt Kirkuk sowie das yezidische Sinjar-Gebiet attackiert hatten, griffen sie auch die strategisch wichtige Stadt Rutba in der Wüstenprovinz Anbar an. Die Hälfte der Stadt an der Verbindungsstraße zwischen Bagdad und Amman sei bereits unter Kontrolle der Islamisten, verlautete am Dienstag aus Sicherheitskreisen. Die Armee wollte Verstärkung in das Gebiet bringen.

Gräultaten

Die Vereinten Nationen berichteten von Gräueltaten des IS an der Bevölkerung. Im Dorf Tulul Naser südlich von Mossul seien die Leichen von 70 Zivilisten gefunden worden, sagte ein UNO-Sprecher am Dienstag in Genf. Sie hätten Schusswunden aufgewiesen. Auch sollen 50 frühere Polizisten umgebracht worden sein. In Safina seien 15 Zivilisten getötet und deren Leichen in einen Fluss geworfen worden, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Sechs mutmaßliche Angehörige von Anti-IS-Einheiten seien an ein Auto gebunden und durch das Dorf geschleift worden. Auch Frauen und Mädchen seien erschossen worden.

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