Trumps neuer Wahlkampf-Schlager: Krieg in den Innenstädten

Trumps neuer Wahlkampf-Schlager: Krieg in den Innenstädten
US-Präsident lässt Bundespolizei in Demokraten-Metropolen aufmarschieren. Kritiker nennen das Machtmissbrauch

Den Ober-Sheriff, der mit krachender Rhetorik für Recht und Ordnung sorgt, gibt Donald Trump meist dann, wenn es politisch pressiert. Um einer angeblichen Riesen-Welle von Armutsflüchtlingen aus Lateinamerika zu begegnen, ließ er 2018 vor den Kongresswahlen Tausende Soldaten an der Grenze zu Mexiko aufmarschieren. Die Invasion blieb imaginiert.

Knapp 100 Tage vor der Präsidentschaftswahl steckt Trump nun wegen seines Corona-Krisenmanagements im Umfragen-Keller. Also hat er die innere Sicherheit zu seinem Rettungsanker erklärt und Hunderte Bundesbeamte – von Heimatschutz über Drogenbekämpfung bis Justiz – als Sonder-Polizei in Großstädte wie Portland und Kansas entsandt. Damit soll die von „radikalen, linken, demokratischen Bürgermeistern“ hilflos verwaltete Kriminalität eingedämmt werden, wie er sagt. „Wir haben keine andere Wahl, als uns einzumischen“, so Trump.

Bürgermeister bekam Tränengas ab

Was das heißt, spürte Ted Wheeler am eigenen Leib. Der demokratische Bürgermeister von Portland, Oregon, wurde bei den Anti-Rassismus-Demos im Gefolge des tödlichen Übergriffs auf George Floyd Opfer einer Tränengas-Attacke von Einheiten des Heimatschutzes.

Trump hatte die paramilitärischen Kräfte in die Metropole abkommandiert. Legale Begründung: „Anarchisten“ wollten Bundesgebäude – ein Gericht – brandschatzen. Oregons demokratische Gouverneurin Kate Brown sprach von „eklatantem Machtmissbrauch“. Bei Auseinandersetzungen waren Demonstranten teils schwer verletzt, in anonymisierten Fahrzeugen verschleppt worden.

Demokraten und Historiker wie Timothy Snyder gingen weiter: Trump bediene sich autoritärer Polizeistaatsmethoden, um Kapital für seinen Wahlkampf zu schlagen. Tom Ridge, nach 9/11 erster Heimatschutz-Chef, reagierte entrüstet: Das Heimatschutzministerium sei nicht „persönliche Miliz“ des Präsidenten, so der Republikaner.

Truppen nach Chicago

Trump ficht das nicht an. Auch Detroit, Philadelphia oder Baltimore (alle demokratisch regiert) drohte er unter dem Stichwort „Operation Legend“ Einsätze an, damit „Blutbäder“ und „Chaos“ aufhörten. Legend ist der Vorname eines Jungen (4), der bei einer Schießerei in Kansas ums Leben kam.

Ein Exempel will Trump an Chicago statuieren. Dort gehe es „schlimmer zu als in Afghanistan“, sagte er. In der chronisch von Drogen- und Bandenkriminalität geplagten Stadt gab es seit Januar über 400 tödliche Schusswaffen-Vorfälle, 50 Prozent mehr als bis Juli 2019. Opfer und Täter sind meist Schwarze. Während Kriminologen das mit den gesellschaftlichen Verwerfungen durch Corona erklären, lastet Trump es der schwarzen, demokratischen Bürgermeisterin Lori Lightfoot an. Sie wolle, was nicht stimmt, wie Joe Biden die Polizei finanziell schwächen.

Die Demokratin drohte, die Regierung zu verklagen. In Chicago hält man Trumps Aktion für einen „Stunt“, der nur böses Blut erzeugen werde. „Danach geht das Sterben weiter“, schrieb ein Sozialarbeiter von der „South Side“ in einem Internet-Forum.

Übermäßige Gewaltanwendung

Für Portland hat das US-Justizministerium interne Ermittlungen zu Vorwürfen einer übermäßigen Gewaltanwendung durch Bundesbeamte bei den jüngsten Demonstrationen in Portland angekündigt. Der zuständige Generalinspektor Michael Horowitz erklärte am Donnerstag, auch Berichten über ähnliche Vorfälle gegen Demonstranten Anfang Juni nahe des Weißen Hauses werde nachgegangen.

Er werde sein Vorgehen mit der Aufsicht im Heimatschutzministerium abstimmen. Eine Stellungnahme der genannten Ministerien und des Präsidialamts zu der Ankündigung lagen zunächst nicht vor.

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