Was Trumps 20-Prozent-Zölle gegen Europa für Österreich bedeuten

Zu Marschmusik schritt Donald Trump in den Rosengarten des Weißen Hauses, beklatscht von Wirtschaftsbossen im Anzug und Arbeitern in roten Maga-T-Shirts - es war der "Tag der Befreiung“, wie Trump ihn nannte.
Der Präsident kam rasch zum Punkt: "Heute beginnt das Goldene Zeitalter Amerikas", sagte er, nachdem er beklagt hatte, wie sehr die USA von allen anderen Staaten "geplündert" worden seien - und kündigte eine ganze Reihe von neuen Zöllen an, die sich gegen fast alle Staaten weltweit richten, auch gegen langjährige Verbündete.
Die EU hatte schon zuvor erklärt, ihre Gegenmaßnahmen für alle Fälle und alle Zölle lägen seit Wochen startklar in der Schublade.
Was sind die ersten Auswirkungen, was die langfristigen Konsequenzen und wie schlimm kann dieser Handelskrieg werden? Der KURIER gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was verkündete Trump genau?
Zusammengefasst verkündete Trump gleich drei Arten von neuen Zöllen:
- Zunächst erklärte er, er werde auf alle aus dem Ausland importierten Produkte in den USA 10 Prozent des Kaufpreises als "Mindestzoll" erheben. Diese Maßnahme gilt ab dem 5. April.
- Dazu kommen ab 9. April sogenannte reziproke Zölle - so bezeichnet Trump Strafzölle gegen alle Staaten weltweit, die ihrerseits momentan bestimmte Produkte aus den USA bezollen. Diese reziproken Zölle sind es, die momentan weltweit für großen Aufruhr sorgen. Das liegt daran, dass jeder Handelspartner unterschiedlich "bestraft" wird.
Die Europäische Union etwa wird zusätzlich zu dem Mindestzoll von 10 Prozent auf all ihre Waren mit weiteren 10 Prozent belegt, insgesamt also künftig mit 20 Prozent bezollt. Bei Waren aus China sind es sogar insgesamt 34 Prozent, Indien wurde mit 26, Japan mit 24 Prozent getroffen. Wie genau das Trump-Team diese Zahlen begründet, ist noch immer unklar.
Allerdings wirken die reziproken Zölle nicht auf bestimmte, für die US-Wirtschaft kritische Produkte, nämlich: Medikamente, Kupfer, Halbleiter, Gold und Energieprodukte.
Einen Überblick über alle von den reziproken Zöllen betroffenen Länder finden Sie hier:
- Zu guter Letzt kündigte Trump am Mittwochabend Strafzölle auf alle importierten Autos in der Höhe von 25 Prozent des Kaufpreises an, die bereits am Donnerstag um 00.00 Uhr in Kraft traten. Zölle gegen importierte Autoteile werden, so sagte Trump, "später" folgen.

Geparkte Autos in einem britischen Hafen vor der geplanten Ausfuhr in die USA.
Welche Auswirkungen hat das?
Am stärksten werden jene Staaten wirtschaftlich leiden, die besonders viel in die USA exportieren, allen voran die Nachbarstaaten Mexiko und Kanada sowie Deutschland, Japan und Südkorea. Diese fünf Nationen sind gleich doppelt betroffen, weil Autos einen großen Teil ihrer Exporte in die USA ausmachen.
Aber auch die US-Wirtschaft selbst dürfte massiv unter den Zöllen leiden, schließlich werden die betroffenen ausländischen Firmen die Preise ihrer Produkte in den USA erhöhen, um die steigenden Kosten durch die Zölle auszugleichen. Für US-Bürger wird das Leben also teurer, der Konsum dürfte sinken, die Inflation vermutlich steigen.
Die größte US-Bank Goldman Sachs rechnet dadurch mit einem um 0,8 bis 1,3 Prozentpunkte niedrigeren BIP - also mit einem Verlust von bis zu 350 Milliarden Dollar. Die Deutsche Bank geht von einer um 1,2 Prozent höheren Inflation in den USA noch in diesem Jahr aus.
Mittelfristig dürften Trumps Zölle der Beginn eines globalen Handelskriegs sein, wenn andere Staaten nämlich ihrerseits mit Gegenzöllen antworten - und das werden einige tun. Einen solchen gab es zuletzt in den 1930er Jahren, er befeuerte die damalige Wirtschaftskrise und ließ den Welthandel damals um fast ein Drittel einbrechen.
Was sind nun die Folgen für Europa - und für Österreich?
Vor allem die Auswirkungen der Auto-Zölle sind laut allen Prognosen schwerwiegend für Europas Wirtschaft.
Die EU-Staaten exportieren Autos und Fahrzeugteile im Umfang von rund 38 Milliarden Euro pro Jahr in die USA. Dort wird nun ein Zollsatz von 25 Prozent fällig, in Brüssel rechnet man deshalb mit einem Einbruch der Verkäufe in die USA um rund 30 Prozent, also mit Einbußen von mehr als 12 Milliarden Euro.
Den größten Schaden am eigenen BIP müsste innerhalb der EU wohl die Slowakei (0,3 %) ertragen, die zahlenmäßig größten Verluste entfallen allerdings auf Deutschland - und damit in weiterer Folge auf die österreichischen Auto-Zulieferer.
Das Institut für Höhere Studien (IHS) geht davon aus, dass Österreichs Wirtschaft durch die neuen US-Zölle um 0,2 Prozentpunkte zusätzlich schrumpfen wird. Die wirtschaftliche Lage im Land verschärft sich also: Schon seit drei Jahren befindet sich Österreich in einer Rezession, die Wirtschaftsleistung sinkt also Jahr für Jahr, 2024 waren es ganze 1,2 Prozent.
Österreichs Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) wird heute Mittag mit IV-Präsident Georg Knill und Vertretern der Exportwirtschaft sowie Wirtschaftsexperten über die Folgen der neuen US-Zölle beraten.
Laut wiiw-Ökonom Robert Stehrer fallen die wirtschaftlichen Folgen für die EU "insgesamt nicht verheerend" aus, aber "das schwache Wirtschaftswachstum wird dadurch weiter gedämpft und die Rezession in Österreich und Deutschland verschärft". Für die ohnehin angeschlagene Autobranche seien die Zölle "eine weitere Hiobsbotschaft".
Wie wird die EU reagieren?
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, bezeichnet die neuen US-Zölle als schweren Schlag für die Weltwirtschaft. "Wir sind bereits dabei, das erste Paket von Gegenmaßnahmen als Reaktion auf die Stahlzölle fertigzustellen", sagte sie in einer Erklärung.
In Brüssel bereitet man sich seit Monaten - übrigens in abhörsicheren Räumen im Gebäude des EU-Rates - auf Gegenmaßnahmen vor. EU-Spitzenvertreter betonen, dass man "einen kompletten Werkzeugkasten" für alle Fälle, also für alle möglichen Zölle, die die USA jetzt einheben, fertig in der Schublade habe.
Die ersten und wahrscheinlich sofort aktivierten Maßnahmen sind die seit langem kolportierten Zölle auf die prestigeträchtigsten Exportgüter der USA: Harley-Davidson-Motorräder, Jeans, oder Bourbon-Whiskey.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte bereits Gegenmaßnahmen gegen die geplanten US-Zölle an.
Viel schwerwiegender dürften die weiterreichenden Maßnahmen sein, die richten sich nämlich gegen die US-Internet- und Social-Media-Giganten von Google bis Facebook sowie gegen die US-Landwirtschaft.
So könnten auf die digitalen Dienstleistungen Gebühren pro Klick, oder pro Suchanfrage eingehoben werden. Landwirtschaftliche Produkte wie Soja, Mais oder Rindfleisch zählen für den Agrargiganten USA zu den wichtigsten Exportgütern. EU-Zölle könnten für die USA geschätzte Verluste von mehr als 20 Milliarden Euro bedeuten.
Was kann Europa noch tun?
Die in Brüssel oft als "Panzerfaust" ("Bazooka") bezeichnete wirtschaftliche Waffe sind die sogenannten Anti-Zwangsmaßnahmen. Wenn man in Brüssel offiziell feststellt, dass die US-Zölle politisch motiviert sind und als politisches Druckmittel eingesetzt werden, kann man zu diesen eigens für eine Trump-Attacke vorbereiteten Maßnahmen greifen.
Die beinhalten etwa das Aussperren amerikanischer Firmen von allen öffentlichen Aufträgen im EU-Raum, eine Blockade von US-Investitionen in Europa, oder das Aberkennen von Patentrechten. Allerdings muss der Einsatz dieser Maßnahmen von den EU-Staaten mehrheitlich abgesegnet werden - und da gehen die Meinungen stark auseinander. Frankreich drängt darauf, andere wie Deutschland oder Österreich warnen.
In der Zwischenzeit hat die EU ihre Kontakte zu anderen Handelspartnern intensiviert. Im Brennpunkt steht das seit Jahrzehnten immer wieder verhandelte Mercosur-Abkommen mit lateinamerikanischen Staaten wie Brasilien, Argentinien und Uruguay.
Das soll in den nächsten Monaten zumindest in Teilen in Kraft treten, auch wenn Staaten wie Österreich weiter skeptisch sind. Dazu kommen geplante Handelsabkommen mit Indonesien oder Indien. Die Beziehungen zu China dagegen bleiben schwierig, auch weil die USA den asiatischen Riesen als Hauptfeind betrachten.
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