Trump definiert US-Macht neu – und lässt Europa deutlich zurück

US-POLITICS-TRUMP
Hinterhofpolitik im eigenen Land, massive Kritik an der EU, Stärkung der Rechtspopulisten, Annäherung an Russland. Die USA werfen die regelbasierte Weltordnung über Bord.

Auf 33 Seiten definiert die Regierung von US-Präsident Donald Trump, welche Interessen sie verfolgen will – und wie. Das Dokument markiert einen deutlichen Bruch mit der bisherigen Rhetorik von einer „regelbasierten Weltordnung“ seit 1945 und übersetzt die „America First“-Linie in eine umfassende außen- und sicherheitspolitische Doktrin. Im Zentrum steht eine enge Definition nationaler Interessen.

„Frieden durch Stärke“

Die Strategie betont Souveränität, Grenzkontrolle, Schutz vor „destabilisierenden Migrationsbewegungen“ sowie den Ausbau militärischer und wirtschaftlicher Stärke. Die 15.000 Soldaten vor Venezuela unterstreichen dieses Vorhaben massiv. Grundpfeiler: „Friedenssicherung durch Stärke“, eine grundsätzliche Neigung zum Nicht-Interventionismus und ein „flexibler Realismus“, der gute Beziehungen auch zu Staaten ohne demokratische Ordnung ausdrücklich zulässt. Multilaterale Institutionen spielen nur eine Nebenrolle.

Die beiden Amerikas sollen als vorrangige Einflusszone der USA gesichert werden – gegen Migration, Drogenhandel und gegen den Erwerb strategischer Infrastruktur durch Rivalen. Europa kommt hingegen vergleichsweise knapp vor: In dem Papier ist von wirtschaftlichem Niedergang, regulatorischer „Erdrosselung“ und der Gefahr einer „zivilisatorischen Auslöschung“ die Rede.

Die US-Regierung fordert, Europa müsse primär selbst für seine Verteidigung aufkommen; Washington wolle sich auf ausgewählte, aus amerikanischer Sicht strategische Punkte konzentrieren und europäischen Partnern eher Bedingungen als Garantien anbieten.

Gleichzeitig will man „patriotische Parteien“ unterstützen, was für viel Kritik diverser Regierungen sorgt. Vieles in der Sicherheitsstrategie deckt sich mit dem, was US-Vizepräsident JD Vance auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar sagte. Die Zeit der sicheren Unterstützung Europas ist vorbei – mit der Strategie ist das schwarz auf weiß dokumentiert. Im Gegensatz dazu vollzieht Washington im Verhältnis zu Russland einen weiteren Kurswechsel.

Moskau wird nicht mehr als zentrale Bedrohung beschrieben, sondern als Akteur, mit dem strategische Stabilität wiederhergestellt und der Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen beendet werden solle. Die Erweiterung der NATO wird kritisch gesehen; die Wahrnehmung Russlands als „permanent expandierendes“ Bündnis solle entschärft werden.

Zuspruch aus Moskau

Der Kreml hat das Dokument ungewöhnlich positiv kommentiert und erklärt, es decke sich in weiten Teilen mit der eigenen Sicht. Dass Europa und die USA gemeinsam der russischen Aggression entgegentreten müssten, galt in Trumps erster Amtszeit noch als Strategie.

China bleibt der wichtigste Referenzpunkt in Asien, wird aber überwiegend als ökonomischer Konkurrent gefasst. Die Sicherheitsstrategie fordert eine „Neujustierung“ der wirtschaftlichen Beziehungen, gleichzeitig aber eine militärische Abschreckung rund um Taiwan und entlang der sogenannten „First Island Chain“ von Japan bis zu den Philippinen. Peking reagierte scharf und betonte, Taiwan bleibe eine rote Linie; in Washington wird die Strategie als Versuch dargestellt, Konflikte zu verhindern, indem regionale Allianzen gestärkt werden. Bemerkenswert ist auch, was fehlt oder stark in den Hintergrund rückt.

Der Nahe Osten wird deutlich heruntergestuft; langjährige Ziele wie die Denuklearisierung Nordkoreas tauchen im Text nicht mehr auf, was Spekulationen über neue diplomatische Initiativen nährt. Klimapolitik und multilaterale Institutionen kommen praktisch nicht vor. Kritiker sprechen daher von einem politischen Manifest der „MAGA“-Bewegung, weniger von einer klassischen Fachstrategie.

Kommentare