Trumps Sicherheitsstrategie läutet die Zeit der Monster ein
Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren: Es ist die Zeit der Monster“, soll der italienische Marxist Antonio Gramsci 1930 geschrieben haben. Ob echt oder nicht – dieses Zitat passt auch in die Gegenwart: Die Welt ordnet sich neu, alte Konflikte brechen überall am Globus auf – und lassen sich von FIFA-Friedenspreisträger Donald Trump meist nur kurz beruhigen, ehe sie kurze Zeit später wieder weitertoben – siehe Thailand und Kambodscha als jüngstes Beispiel.
Während Trump sich als Friedensfürst inszeniert (und etwa mit dem Waffenstillstand in Gaza tatsächlich geschafft hat, wozu sonst niemand in der aktuellen Weltpolitik in der Lage war), zielt die neue Sicherheitsstrategie Washingtons tatsächlich darauf ab, die regelbasierte Weltordnung seit 1945 durch Macht- und Wirtschaftspolitik zu ersetzen. Friedensschlüsse als Basis für gute Geschäfte – ob in der Ukraine, im Kongo oder in Nahost –, eine Einhegung Russlands und eine klare Positionierung gegenüber China bilden die Eckpunkte dieser Strategie. Trump hat daraus nie einen Hehl gemacht – ebenso wenig aus seiner Verachtung für die Europäische Union.
Diese Klarheit unterscheidet ihn von einer Administration Obama („Fuck the EU“, US-Diplomatin Victoria Nuland). Die Vorhaben der neuen US-Sicherheitsstrategie sind aber umso mehr für Europa beunruhigend: Man will die „patriotischen Parteien“ stärken, also auf FPÖ, AfD, Lega, Rassemblement National oder Reform UK setzen. Bis auf die Lega liegen diese Parteien in den jeweiligen Umfragen auf Platz eins. Die Stärkung dieser Parteien soll dazu beitragen, die „größeren Probleme, mit denen Europa konfrontiert ist“, zu lösen. Dazu gehören – so das Strategiepapier – „die Aktivitäten der EU und anderer transnationaler Gremien, welche die politische Freiheit einschränken“.
Dies kommt von einer Regierung, die genau das im eigenen Land tut – und mehr und mehr zu dem wird, was sie der Vorgängerregierung vorwarf: „Cancel-Culture“ zu betreiben und Andersdenkenden den Mund zu verbieten. Es ist zweifelsohne Fakt, dass sich die europäische Demokratie in einer tiefen Krise befindet und sich extrem schwertut, Wege aus den jeweiligen Krisenfeldern zu finden. Eine Einmischung Washingtons in die europäische Politik wird diese Krisen jedoch nicht lösen, sondern weiter verschärfen. Bruchlinien zwischen Staaten wie Ungarn oder der Slowakei auf der einen und Frankreich oder Deutschland auf der anderen Seite weiter zu vertiefen. Zerfällt die europäische Ordnung endgültig, werden die einzelnen Staaten letztlich zu Vasallenstaaten der neuen und alten Weltmächte. Von strategischer Autonomie wird dann keine Rede mehr sein können. Gleichzeitig wäre es genau dafür spätestens seit dem 24. Februar 2022 höchst an der Zeit gewesen. Zeit, die man bisher trotz aller Lippenbekenntnisse verspielt hat.
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