Trump rückt einem Amtsenthebungs-Verfahren immer näher

Trump gießt weiter Öl ins Feuer
Der US-Präsident empört mit Anfeindungen gegen Joe Biden und sieht sich in der Opfer-Rolle.

Donald Trump braucht die rhetorische Eskalation wie die Atemluft. In der von ihm losgetretenen Ukraine-Schmutzkampagne um Alt-Vizepräsident Joe Biden und dessen Sohn Hunter, die Trump ohne jeden Beleg für „korrupt“ erklärt hat, hat der US-Präsident den Bogen nach Ansicht vieler Kommentatoren überspannt. Hätte ein Republikaner gemacht, was Biden und dessen Sprössling laut Trump getan haben, säße er auf dem elektrischen Stuhl, erklärte der Präsident am Rande der UN-Vollversammlung in New York allen Ernstes.

Selbst altgedienten Konservativen verschlug es kurz den Atem. Sie erklären den Versuch Trumps, seinen derzeit wahrscheinlichsten Herausforderer aufseiten der Demokraten bei der Wahl in einem Jahr in die Nähe der Todesstrafe zu rücken, mit einer Art Kamikaze-Strategie.

Amtsenthebung?

Trump steht so nahe wie noch nie vor einem Amtsenthebungsverfahren“, sagte ein Osteuropa-Experte des Außenministeriums dem KURIER, „die Demokraten werden auf Dauer gar nicht anders können, als hier eine Grenze zu ziehen. Offenbar will Trump genau das, weil er seine Basis mobilisieren will.“

Die Gründe: Zunächst hatte Trump selbst eingeräumt, in einem Telefonat mit dem ukrainischen Regierungschef Wolodymyr Selenskyj Mitte Juli gedrängt zu haben, dass gegen Biden Senior wie Junior Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts aufgenommen werden.

Trump rückt einem Amtsenthebungs-Verfahren immer näher

Hunter Biden hatte parallel zur Amtszeit seines Vaters seit 2014 für die ukrainische Gasfirma Burisma gearbeitet und monatlich 50.000 Dollar eingestrichen. Joe Biden sorgte mit dafür, dass die Ukraine den damals vor Ort wie in Europa in Ungnade gefallenen Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin in die Wüste schickte, der angeblich hinter Burisma her war.

Trump verknotet die beiden losen Enden und fabriziert daraus: Vater Biden schützt seinen Sohn vor staatsanwaltlichen Ermittlungen.

Mafioso-Verhalten

Demokratische Abgeordnete erkennen in Trumps Vorgehen Mafioso-Verhalten. Sie sprechen von einem „neuen Tiefpunkt einer Präsidentschaft, die Amerikas Institutionen zerstört.“ Demokratische Parlamentarier, die bisher ein Impeachment ablehnten und dem Wähler am 3. November 2020 das demokratische Votum über Trump überlassen wollten, werben nun massiv für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens. Ihre Zahl ist auf 140 gestiegen.

Der Auslöser: Trump hatte bei Selenskyj nicht nur indirekt um „kompromat“ gegen Biden gebeten. Wie Regierungsmitarbeiter der Washington Post und New York Times steckten, hat Trump dabei Geld als Hebel eingesetzt. Genauer: Rund 400 Millionen Dollar US-Militärhilfe für die Ukraine, die längst vom Kongress bewilligt waren, sollen auf Trumps Anweisung wochenlang zurückgehalten worden sein.

Der Präsident bestreitet jede Verknüpfung nach der Lesart Geld-gegen-kompromittierendes-Material. Parlamentarier beider Parteien drängen vehement auf die Herausgabe des Mitschnitts des Telefongesprächs zwischen Trump und Selenskyj. Nur so könne aufgeklärt werden, „ob es sich um einen der schlimmsten Versuche von Machtmissbrauch in der Geschichte Amerikas handelt“, sagen Demokraten.

Und Trump scheint dem wachsenden Druck nachzugeben. Er habe angeordnet, dass am Mittwoch ein Transkript des Telefonats mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj publik gemacht werde, schrieb der US-Präsident am Dienstag auf Twitter. Die Öffentlichkeit werde dann sehen, "dass es ein sehr freundliches und absolut angemessenes Gespräch war". Er habe keinen Druck auf Selenskyj ausgeübt, versicherte Trump erneut. Die Vorwürfe gegen ihn seien nichts als eine "Hexenjagd".

Pelosi gibt Erklärung ab

Die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, will der Washington Post zufolge noch am Dienstagabend den Start einer Untersuchung zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump bekanntgeben. Die Zeitung berief sich auf Quellen in der Demokratischen Partei. Pelosi hatte zuvor für 23.00 Uhr (MESZ) eine Erklärung zu einer Untersuchung gegen Trump angekündigt. Details nannte sie nicht.

Joe Biden ist unterdessen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, falls dieser nicht voll in der Ukraine-Affäre kooperieren sollte. Wie das Wahlkampf-Team von Biden am Dienstag in Washington mitteilte, will Biden den US-Präsidenten dazu aufrufen, allen Forderungen des US-Kongresses zu dem Fall nachzukommen. Sollte Trump dies nicht tun, "hat der Kongress keine andere Wahl als die Amtsenthebung".

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