Trump vs. Pelosi: Die zerrissene Nation

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Nancy Pelosi verweigert er einfach den Handschlag, die zerreißt dafür sein Rede-Manuskript. Das Impeachment erwähnt Donald Trump in seiner Rede zur Lage der Nation mit keinem Wort. Wieso auch? Er ist so beliebt wie nie.

Zerstrittene US-Demokraten, die es nicht schaffen eine Vorwahl ordentlich über die Bühne zu bringen, gute Wirtschaftsdaten, das Impeachment so gut wie überstanden und dann bescheinigt eine aktuelle Umfrage Donald Trump gestern auch noch so gute Umfragewerte wie seit seiner Amtseinführung nicht mehr: Der US-Präsident hat gerade sehr gute 24 Stunden hinter sich. Da kam die Rede zur Lage der Nation, die er gestern Abend nur wenige Stunden nach dem Dann-doch-noch-Bekanntwerden der ersten Ergebnisse der Demokraten-Vorwahl in Iowa hielt, gerade recht (mehr dazu hier).

Inhalt der Rede? Amerika geht es gut, sehr gut. "Das große amerikanische Comeback", lautete das Motte der Rede Trumps. Die US-Wirtschaft befinde sich "in einem Aufschwung, der seinesgleichen sucht". Die Zeit des amerikanischen Abstiegs sei vorbei, der Wohlstand wachse und die Arbeitslosigkeit sinke, sagte Trump im US-Kongress in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation (State of the Nation).

Seine Regierung werde Amerika zur "wohlhabendsten Gesellschaft" der Welt machen, versprach er. Der US-Wirtschaft gehe es "so gut wie nie zuvor", sagte er. Zudem gebe es mehr Arbeitsplätze, das Einkommen der Bevölkerung wachse, die Kriminalität gehe zurück, und die USA würden international wieder respektiert werden.

Tatsächlich wuchs die US-Wirtschaft 2019 um 2,3 Prozent - das war die niedrigste Wachstumsrate seit 2016. Aber: Die US-Arbeitslosenquote ist mit 3,5 Prozent so niedrig wie seit rund 50 Jahren nicht mehr.

Er habe mit dem Abbau von Regulierungen und mit Steuersenkungen die US-Wirtschaft wiederbelebt, meinte Trump, der immer wieder die Regierung seines Vorgängers Barack Obama kritisiert hat. Außerdem habe er sich für "faire und gegenseitige Handelsabkommen" mit anderen Ländern eingesetzt. Die republikanischen Senatoren und Abgeordneten quittierten Trumps Rede immer wieder mit kräftigem Applaus und erhoben sich von ihren Sitzen.

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Neben einer boomenden Wirtschaft sei das US-Militär das mächtigste auf der Welt, die Grenzen seien sicher, die Werte des Landes seien erneuert und sein Stolz wiederhergestellt. Trump hielt die Ansprache kurz vor dem Ende des Amtsenthebungsverfahrens, das an diesem Mittwoch mit einem Freispruch enden dürfte. Der Senat will ab 22.00 Uhr MEZ über die beiden Anklagepunkte des Repräsentantenhauses - Machtmissbrauch und Behinderung der Kongress-Ermittlungen - entscheiden.

Trump thematisierte das Amtsenthebungsverfahren bei seiner Rede denn auch nicht direkt. Die einzigen Siege, die zählten, seien Siege, die für das amerikanische Volk von Nutzen seien, sagte er lediglich. 

Mehrfach appellierte Trump an den Kongress. Er forderte das Parlament beispielsweise dazu auf, späte Abtreibungen per Gesetz zu verbieten. "Wir müssen alle darin übereinstimmen, dass jedes menschliche Leben ein heiliges Geschenk Gottes ist", sagte Trump. In der Vergangenheit hatte Trump sich dafür ausgesprochen, die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch den Frauen zu überlassen. Während des Wahlkampfes 2016 änderte Trump seine Haltung und erklärte, er trete für den Schutz des ungeborenen Lebens ein.

Zudem rief Trump den Kongress auf, auf dem Weg zum Mars eine neue amerikanische Mond-Mission zu finanzieren. Damit müsse sichergestellt werden, dass die USA die erste Nation würden, "die ihre Flagge auf dem Mars hisst". Trump hatte bei seiner Rede im Kongress vor einem Jahr gesagt: "Dieses Jahr werden amerikanische Astronauten in amerikanischen Raketen in den Weltraum zurückkehren." Dieses Versprechen hat er seitdem nicht erfüllt.

Insgesamt konzentrierte sich Trump auf US-Themen - außenpolitische Themen riss er lediglich an. So stellte er dem Iran wirtschaftlichen Aufschwung in Aussicht - für den Fall, dass die Regierung in Teheran ihr "Streben nach Atomwaffen" aufgebe und aufhöre, "Terror, Tod und Zerstörung" zu verbreiten. Er verteidigte erneut die Tötung des iranischen Top-Generals Qassem Soleimani Anfang Jänner, nach der der Konflikt mit dem Iran gefährlich eskaliert war.
 

US President Donald J. Trump State of the Union address in DC

Pelosi zerriss Trumps Rede

Und natürlich ging auch dieser Auftritt Trumps nicht ganz ohne mittelschweren Aufreger über die Bühne. Die Feindseligkeit zwischen den politischen Lagern schlug sich in einer Geste der führenden Demokratin Nancy Pelosi nieder. Nach der Rede zerriss die Sprecherin des Repräsentantenhauses das Manuskript der Ansprache. Während des finalen Applauses nahm sie, gut sichtbar hinter Trump, mehrere Blätter in die Hand und riss diese entzwei. Pelosi bestätigte im Anschluss, dass es sich um das Redemanuskript gehandelt habe. Es sei angesichts der Alternativen das Höflichste gewesen, was sie hätte tun können.

Pelosi ist eine erbitterte Gegnerin von Trump. Vor Beginn der Rede schien Trump Pelosi den Handschlag zu verwehren - es wurde aber nicht deutlich, ob Trump der Demokratin absichtlich umgehend den Rücken zukehrte. Einige demokratische Abgeordnete wohnten der Rede Trumps gar nicht erst bei. So sagte die linke Leitfigur der Demokraten, Alexandria Ocasio-Cortez, ihre Teilnahme aus Protest gegen Trump kurz zuvor ab.

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Für Aufsehen sorgte auch die Anwesenheit des selbsternannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó, dem Trump bei seiner Ansprache seine weitere Unterstützung zusagte. Die Tyrannei von Venezuelas sozialistischem Präsidenten Nicolás Maduro werde "zerschlagen und gebrochen" werden. Der Moment markierte einen der wenigen an dem Abend, in dem Abgeordnete und Senatoren aus den zerstrittenen politischen Lagern Einigkeit zeigten, applaudierten und aufstanden.

Umfrage bescheinigt Trump höchste Zustimmungsrate seit Amtsantritt

Trump ist nicht erst seit dem peinlichen Vorwahlchaos der Demokraten vom Dienstag im Aufwind (nach langer Auszählung konnte sich ersten Teilergebnissen zufolge hier übrigens Pete Buttigieg knapp gegen Bernie Sanders durchsetzen - mehr dazu hier). Auch das Amtsenthebungsverfahren scheint keinen negativen Einfluss auf seine Beliebtheitswerte zu haben - möglicherweise hat es sogar das Gegenteil bewirkt. Trump erreichte in einer Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Gallup jetzt die höchste Zustimmungsrate seit seinem Amtsantritt im Jahr 2017.

Wie Gallup am Dienstag mitteilte, befürworten 49 Prozent der Befragten, wie Trump seinen Job als Präsident wahrnimmt. Die andere Hälfte der Befragten (50 Prozent) gab allerdings an, nicht mit dem Führungsstil des Republikaners einverstanden zu sein. Ob Trumps höherer Beliebtheitsgrad auf das Amtsenthebungsverfahren und der Gegenreaktion darauf, der Wirtschaftslage oder noch anderen Faktoren zurückzuführen ist, müsse sich zeigen, erklärte das Institut.

In der Gallup-Umfrage verzeichneten Trumps Republikaner ihr bestes Ergebnis seit 2005. Demnach stehen 51 Prozent der Befragten der Partei positiv gegenüber, 46 Prozent negativ. Im September gaben noch lediglich 43 Prozent an, den Republikanern gegenüber positiv eingestellt zu sein. Das Meinungsbild über die Demokraten habe sich im Vergleich zu September dagegen leicht verschlechtert (von 48 Prozent auf 45 Prozent).
 

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