Trump holt zu neuem Schlag aus
Vor zehn Jahren war Donald Trump bei Treffen der „Conservative Political Action Conference“, CPAC, eher belächelter Außenseiter denn gefürchteter Anführer.
Heute ist alles anders.
Wenn der Ex-Präsident am Sonntagnachmittag in Orlando/Florida das viertägige Davos der politischen Rechten mit einer auf 80 Minuten angesetzten Rede krönen wird, tut er dies als Dominator einer potenziell 75 Millionen Wähler starken Bewegung, die sich zu erheblichen Teilen noch immer nicht damit abgefunden hat, dass der Demokrat Joe Biden als Präsident im Weißen Haus regiert.
Wunden bandagieren
Weil Trump zuletzt am 20. Januar in Washington öffentlich aufgetreten war, und das schmollend, und seither in seinem Florida-Domizil Mar-a-Lago ohne seine ihm entwendete Twitter-„Waffe“ weitgehend stumm seinen Karriereknick bandagiert, ist das Interesse gewaltig.
Was wird er sagen?
Trump-Eiferer erhoffen sich neben viel Biden-Bashing einen Fingerzeig für die Zukunft. Sprich: die möglichst verbindliche Ankündigung, 2024 erneut für das höchste Staatsamt anzutreten.
Deutlich über 70 % seiner Anhänger würden das laut Umfragen uneingeschränkt begrüßen – und ihn wählen. Trump-Gegner Mitt Romney, Senator aus Utah, sekundiert neidlos: „Er hat bei Weitem die größte Stimme und einen großen Einfluss in meiner Partei. Ich weiß nicht, ob er vorhat, 2024 anzutreten oder nicht. Aber wenn er es tut, bin ich ziemlich sicher, dass er die Nominierung gewinnen wird.“
Und wenn er, der dann 78 Jahre alt wäre, nicht antritt?
60 % der republikanischen Wähler sagen, dass sie ihre Entscheidung für einen anderen konservativen Kandidaten stark davon abhängig machen würden, ob er/sie von Trump die höheren Weihen erhält. Fast ebenso viele würden ihm folgen, wenn Trump die Republikaner verließe und eine eigene Partei gründen würde. T- statt Tea-Party sozusagen.
Aus Sicht von Grenzgängern, die zu Trump-Zirkeln wie zu Establishment-Kreisen der Partei Zutritt haben und sich nur namenlos zitieren lassen, sollte man die Erwartungen an Trump „im Moment aber nicht zu hoch schrauben“.
Heute offiziell seinen Hut in den Ring zu werfen, würde Trump in puncto Finanzen/Wahlkampfspenden ad hoc strengen Regeln unterwerfen. Die könne der Unternehmer, dessen Geschäfte nicht gut gehen, in Verbindung mit bald anstehenden dreistelligen Darlehensrückzahlungen für Immobilien und Golf-Anlagen „nicht gebrauchen“, sagte ein Insider in Washington dem KURIER. Eher wahrscheinlich sei, dass Donald Trump mit dem erneuten Griff nach der Macht spiele. Weil es ihn im Zentrum des Interesses hält. Und weil so die Rolle des Königsmachers zementiert wird, wenn 2023 der Kandidat zu küren ist, der Joe Biden ablösen soll.
Wie wuchtig Trumps Standortbestimmung heute ausfällt, ist wichtig, weil sich in der „Grand Old Party“ gerade die Bataillone für den Richtungskampf formieren. Etliche Entscheider im Establishment propagieren den offenen Bruch. „Trump darf nicht die Zukunft der Republikaner definieren“, sagt der Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, „wir selbst müssen sie definieren.“
Sein Argument und das vieler anderer: Unter Trump haben wir durch den Verlust des Weißen Hauses und der Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses eine dreifache Niederlage erlitten. Bei aller Wertschätzung für 75 Millionen Wähler-Stimmen – das erfordert einen Trainer-/Spielführer-Wechsel.
Bannerträger dieses Flügels, zu dem auch die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley gehört, ist Mitch McConnell. Der ehedem mächtigste Republikaner im Senat hat Trump nach der Erstürmung des Kapitols durch einen marodierenden Trump-Mob zur Persona non grata gestempelt. Der 74-Jährige ist sicher, dass die Partei nicht mehrheitsfähig werden kann, wenn sie sich weiter als Fan-Klub des Möchtegern-Autoritären versteht.
Trump revanchierte sich mit einer „Charakter-Hinrichtung“, bei der keine Patrone unverschlossen blieb. Tenor: McConnell sei dumm, alt, miesepetrig und müsse weg. Doch der Mann aus Kentucky ist bis 2026 gewählt und damit unantastbar. Was nicht für jeden Trump-Kritiker gilt.
Etliche Kongress-Abgeordnete, Senatoren und Gouverneure, die sich im Zuge des Impeachment-Verfahrens gegen Trump gestellt haben, sind verwundbar.
Mit seiner mit rund 100 Millionen Dollar prall gefüllten Wahlkampf-Kriegskasse im Rücken will Trump seine Basis gegen die „Verräter“ aufhetzen und bis zu den Zwischenwahlen im Kongress im Herbst 2022 radikal-populistische Gegenkandidaten aufbauen.
In den Mühlen der Justiz
Was sich ändern kann, wenn erst die Mühlen der Justiz in Bewegung geraten. Wortlos gab das Oberste Gericht, von Trump eigens mit drei ultra-konservativen Juristen neu besetzt, gerade dem Begehren der New Yorker Staatsanwaltschaft statt, Steuerunterlagen Trumps aus den vergangenen acht Jahren einsehen zu dürfen. Chef-Ermittler Cyrus Vance geht dem Verdacht nach, dass sich Trump je nach Anforderung mit seinem Firmen-Imperium über viele Jahre arm oder reich gerechnet hat, um finanzielle Vorteile bei Banken und beim Fiskus zu erlangen.
Es geht auch um Schweigegeldzahlungen, die Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen dem Porno-Star Stormy Daniels und dem Playmate Karen McDougal gezahlt haben soll. Mündet das noch am Anfang stehende Verfahren in einen Prozess, müsste Trump im schlimmsten Fall mit einer Gefängnisstrafe wegen Versicherungs- und Banken-Betrugs sowie Steuerhinterziehung rechnen.
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