Droht Trump jetzt Gefängnis? Und kann er trotzdem Präsident werden?
Keine Sonderbehandlung für Spitzenpolitiker - und schon gar nicht für Donald Trump. Das machte die zuständige Staatsanwältin Fani Willis am Dienstag nach der Verkündung der Anklage deutlich. Es soll einen schnellen Prozessbeginn geben: Erster Verhandlungstermin innerhalb der kommenden sechs Monate - ein Urteil wäre da noch vor den Wahlen im November 2024 möglich.
Trump muss sich diesmal - es ist seine vierte Anklage - wegen seiner Versuche, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 in Georgia zu beeinflussen, vor Gericht verantworten.
Vor Gericht vorgeführt
Als Erstes haben die Angeklagten - es sind neben Trump auch sein Vertrauter und Anwalt Rudy Giuliani und Mark Meadows, sein früherer Stabschef im Weißen Haus - bis zum 25. August Zeit, vor dem Gericht in Atlanta zu erscheinen und sich zu melden. Dann wird Trump wie schon in New York im Frühjahr dem Richter vorgeführt. Ob in Handschellen, oder nicht, ist noch unklar, aber der zuständige Sheriff hat schon klargemacht, dass es keine Sonderbehandlung geben soll. Trump wird auf unschuldig plädieren, die ausgesetzte Kaution bezahlen und vorerst frei gehen.
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Ein Urteil im Wahlkampf?
Kommt es tatsächlich zu einer Verurteilung in den bereits laufenden Strafrechtsprozessen gegen Trump, könnte das den Ex-Präsidenten für viele Jahre hinter Gitter bringen.
Was aber, wenn es noch im laufenden Wahlkampf zu einem Urteil kommt? Von einer Kandidatur würde das Trump nicht abhalten. Nach US-Recht hindert eine Person nichts daran, für ein Amt zu kandidieren, auch wenn sie strafrechtlich verfolgt wird, oder sogar im Gefängnis sitzt.
Schon zwei Kandidaten
Mindestens zwei US-Bürger haben bisher trotz strafrechtlicher Verurteilungen für das Präsidentenamt kandidiert – der sozialistische Kandidat Eugene Debs im Jahr 1920, der wegen einer Antikriegsrede von 1918 verurteilt wurde; und der wegen Betrugs verurteilte Verschwörer Lyndon LaRouche, der 1992 bei einer seiner acht Präsidentschaftskandidaturen sogar in einem Bundesgefängnis in Minnesota saß.
Beide sind mit ihrer Kandidatur frühzeitig gescheitert. Ganz anders Trump, der ja in aktuellen Umfragen knapp hinter Joe Biden liegt und reale Chancen auf einen Wahlsieg im November 2024 hat.
Eid hinter Gitter
Wäre Trump Wahlsieger, würde er auch das Recht haben angelobt zu werden. Da er aber im Gefängnis säße, könnte diese Angelobung nicht vor dem Kapitol stattfinden, wie es die Tradition eigentlich vorsieht. Trump müsste seinen Eid im Gefängnis ablegen. Sobald das aber erledigt ist, hätte er freie Hand – um sich selbst zu begnadigen. Nur der jetzt angelaufene Fall in Georgia könnte eine Ausnahme darstellen.
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Selbst begnadigen
"Die Begnadigungsbefugnis ist praktisch unbegrenzt. Es wäre also denkbar, dass er sich selbst begnadigen könnte", meint der demokratische Senator Richard Blumenthal, ein hochrangiger Jurist, auf eine Anfrage des Washingtoner Politik-Fachmagazins Roll Call: "Es gibt eine Stellungnahme des Justizministeriums, die besagt, dass Präsidenten nicht angeklagt werden können, während sie im Weißen Haus sind. Wenn er vorher angeklagt wurde, könnte er eine Begnadigung aussprechen."
Auch für den Politologen Keith Whittington von der Universität Princeton ist dieses Szenario "sicherlich plausibel". Es gilt allerdings in dieser Form nur für Verurteilungen vor US-Bundesgerichten. In Georgia, wo der Prozess jetzt angelaufen ist, muss eine eigens eingesetzte Jury im Bundesstaat über mögliche Begnadigungen entscheiden - der Präsident hat da nichts mitzureden.
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