Trucker-Chaos in Kanada geht weiter, Trudeau will Notstand ausrufen
Megan Davis hatte die Nase gestrichen voll von der hupenden Blech-Lawine, die seit Ende Jänner ihr Wohnviertel in der Innenstadt von Ottawa blockiert. Also hakte sich die resolute Anwohnerin am Sonntagabend in der Eiseskälte des kanadischen Winters bei Gleichgesinnten unter und versperrte wütenden Truckern die Zufahrt zum Parlamentsviertel. „Wir müssen ein Zeichen setzen, dass wir das einfach nicht mehr tolerieren“, sagte Davis .
Dass sich einfache Bürger gegen die Anti-Corona-Restriktionen-Proteste zur Wehr setzen, die weltweit Nachahmer gefunden haben, wird in kanadischen Medien als „Armutszeugnis“ für den Staat wahrgenommen. Beinahe hilflos nimmt sich die Polizei-Bilanz in der Hauptstadt aus. 26 Verhaftungen und 2600 Bußgelder hat es gegeben, seit am 28. Jänner die ersten Trucks vor dem Parlamentsgebäude vorgefahren sind.
An der Wucht der Proteste, an denen am Wochenende mehrere Tausend Menschen an rund einem Dutzend Orten Kanadas teilnahmen, die alle Corona-Auflagen gestrichen und die Regierung von Premierminister Justin Trudeau vom Hof gejagt sehen wollen, hat sich nichts geändert. Peter Sloly , der Chef der lokalen Ordnungshüter in Ottawa, hat 1800 zusätzliche Kräfte angefordert, um dem Treiben Herr zu werden.
Die Regierung scheut – anders als am Verkehrsknotenpunkt zwischen Windsor (Kanada) und Detroit (USA) – den massiven Einsatz der Staatsgewalt. Auf der für 25 % des Warenverkehrs zwischen beiden Ländern verantwortlichen Ambassador-Brücke wurden bis Sonntagabend auf Druck aus Washington (US-Autobauer sind von Materialnachschub abgeschnitten) sämtliche Protestierer geräumt.
Ruft Trudeau den Notstand aus?
In Ottawa wollte Bürgermeister Jim Watson am Montag mit den Organisatoren des Protests verhandeln – über eine Verlegung der Trucker-Proteste aus den Wohnvierteln an den Stadtrand.
Am Montagabend kündigte Trudeau dann vor Journalisten an, erstmals das nationale Notstandsgesetz erlassen zu wollen. In der Regierung herrsche über den Schritt bereits Einigkeit, damit könnten die Bürgerrechte „bis zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung“ außer Kraft gesetzt und somit hart gegen die Trucker vorgegangen werden.
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