Den Organisatoren des „Konvois für die Freiheit“ um die Aktivistin Tamara Lich geht es kompromisslos um die restlose Abschaffung sämtlicher Corona-Restriktionen. Und den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Justin Trudeau.
Eine 4.400 km lange Protestfahrt
Begonnen hatte das weltweit einmalige Spektakel Mitte Jänner am anderen Ende des Landes. Von der Provinz Britisch-Kolumbien im Südwesten aus setzte sich ein rund 60 Kilometer langer Lindwurm aus Lastkraftwagen in Bewegung und knatterte knapp 4.400 Kilometer durch eisige Einöde bis in die Hauptstadt.
Gut 15.000 Trucker und andere Demonstranten nisteten sich im Viertel rund um das auf einem grünen Hügel gebaute neogotische Parlamentsgebäude ein. Straßen wurden kurzerhand blockiert. Restaurants und Geschäfte mussten schließen. Trudeau wurde samt Frau und Kindern aus Sicherheitsgründen vorübergehend ausquartiert.
Weil einige Protestler auf dem Grab des unbekannten Soldaten tanzten, das nationale Kriegsdenkmal anpinkelten, in Obdachlosen-Einrichtungen die Herausgabe von Essen erzwangen, Masken tragende Hauptstädter anpöbelten und mit Neonazi- sowie Konföderierten-Fahnen aus dem amerikanischen Bürgerkrieg wedelten, kippte die Stimmung schnell.
Trudeau sagte, Kanada sei „angewidert“ ob der „illegalen Proteste“.
In der größten kanadischen Zeitung, The Globe and Mail, sprach der Kommentator Omar Azis, dessen Onkel mütterlicherseits allesamt im Trucker-Business sind, von einem „gut finanzierten Anschlag auf unsere Demokratie“.
Dabei mutet der Auslöser für das Ganze profan an. Mitte Jänner hatten sich Kanada und die USA im grenzüberschreitenden Warenverkehr darauf verständigt, dass ungeimpfte Trucker mit Ahorn-Blatt nach der Rückkehr aus Amerika zwei Wochen in Quarantäne müssen.
"Geiselhaft"
Für die Standesvertretung der „Helden der Landstraße“ kein Problem. 90 % der 120.000 Trucker in Kanada, sagt ein Gewerkschafter, „sind vollständig geimpft“ - hier „versucht eine radikale Minderheit das Land in Geiselhaft zu nehmen“.
Ottawas Polizeichef Peter Sloly deutet an, dass finanzielle Unterstützung für den rollenden Protest aus den USA kommt. Dort nennt Ex-Präsident Donald Trump das „freiheitsliebende“ Aufbegehren der kanadischen Trucker vorbildlich.
Befürchtet wird bei der Polizei, dass der bisher halbwegs friedlich verlaufene Protest in Gewalt umschlagen könnte. „Bei vielen hier liegen die Nerven blank“, sagte ein Bewohner dem Sender CBC, „man fühlt sich wie unter einer Besatzung, die mit Lärm terrorisiert.
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