Tote bei Hilfslieferungen: Israel nennt Massengedränge als Grund
Der Tod Dutzender Palästinenser bei der geplanten Verteilung von Hilfsgütern am Donnerstag im Gazastreifen ist laut dem israelischen Militär auf ein Massengedränge zurückzuführen.
Anders als von Hamas-Seite angegeben, seien die meisten Todesfälle nicht auf Schüsse des israelischen Militärs zurückzuführen, sagte ein Militärsprecher am Sonntag. Vielmehr seien die meisten Opfer in dem Gedränge erdrückt worden, aus dem heraus israelische Soldaten angegriffen worden seien.
Diese hätten daraufhin Warnschüsse abgegeben und einzelne Plünderer erschossen, die die Soldaten bedroht hätten. Das habe eine vorläufige Untersuchung durch das Militär ergeben, der eine weitere Untersuchung durch eine unabhängige Kommission folgen solle.
Vor einer geplanten Verteilung von Hilfsgütern nahe Gaza-Stadt waren am Donnerstag übereinstimmenden Angaben zufolge Dutzende Palästinenser getötet und verletzt worden. Die der militanten Hamas unterstellten Gesundheitsbehörden hatten von mehr als 100 Toten gesprochen, die von israelischen Soldaten erschossen worden seien. Israel hatte die Angaben bereits am Donnerstag zurückgewiesen und erklärt, eine Menschengruppe habe sich trotz Warnschüssen Soldaten genähert. Diese hätten auf jene gefeuert, die eine Bedrohung dargestellt hätten. Der Vorfall hatte international Kritik ausgelöst. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte eine unabhängige Untersuchung.
Gaza: 15 Kinder an Unterernährung gestorben
Mindestens 15 Kinder sind in den letzten Tagen im Kamal-Adwan-Spital im Gazastreifen an Unterernährung und Dehydrierung gestorben. Das teilte die Gesundheitsbehörde der militanten Palästinenserorganisation Hamas in Gaza mit. Man fürchte um das Leben von sechs weiteren Kindern, die auf der Intensivstation lägen und unter Mangelernährung und Durchfall litten. Kurz zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat hat im Gaza-Krieg Soforthilfe eingemahnt.
Kein Stromgenerator, kein Sauerstoff
Der Stromgenerator und Sauerstoff stünden in dem Spital nicht mehr zur Verfügung; es gebe weniger medizinische Möglichkeiten, sagte ein Sprecher. Der Weltsicherheitsrat in New York mahnte auch den Schutz der Not leidenden palästinensischen Zivilisten in dem abgeriegelten Küstenstreifen im Krieg zwischen Israel und der militanten Palästinenserorganisation Hamas ein. "Die Parteien wurden nachdrücklich aufgefordert, den Zivilisten im Gazastreifen die Grundversorgung und humanitäre Unterstützung nicht vorzuenthalten", heißt es in einer am Samstag in New York veröffentlichten Mitteilung der Vereinten Nationen. Erneut wurde humanitäre Hilfe gefordert.
In ihrer Erklärung hätten die Ratsmitglieder ihre "große Besorgnis" zum Ausdruck gebracht, dass die mehr als zwei Millionen Bewohner von Gaza einem "alarmierenden Ausmaß an akuter Ernährungsunsicherheit ausgesetzt sein könnten". Der Weltsicherheitsrat forderte erneut, "die sofortige, schnelle, sichere, nachhaltige und ungehinderte Bereitstellung" humanitärer Hilfe in großem Umfang zu ermöglichen und zu erleichtern. Israel wurde zudem in der Erklärung aufgefordert, die Grenzübergänge für humanitäre Hilfe geöffnet zu halten und die Öffnung zusätzlicher Übergänge zu ermöglichen.
Gespräche über Feuerpause stocken
Bei den indirekten Verhandlungen über eine befristete Feuerpause im Gaza-Krieg und eine Freilassung weiterer Geiseln gibt es nach Darstellung der Hamas noch immer Hindernisse. Sie machte dafür die israelische Seite verantwortlich. In Kairo sind Delegationen der Hamas und der vermittelnde Vertreter der USA und Katar für Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg eingetroffen. Für eine neue Runde von Gesprächen ist in der ägyptischen Hauptstadt geplant wie der Sender Al-Qahera News und Sicherheitskreise am Sonntag berichteten.
Es gebe es in Kairo noch keinen Durchbruch, sagte ein Palästinenser-Vertreter, der nach eigener Darstellung mit der Sache vertraut ist. Auf die Frage, ob ein Deal unmittelbar bevorstehe, sagt die Person der Nachrichtenagentur Reuters: "Noch nicht." Fraglich ist, ob auch ein Team der israelischen Regierung nach Kairo gekommen ist. Israel hatte zuletzt erklärt, erst dann eine Delegation zu den indirekten Gesprächen nach Kairo zu schicken, wenn die Hamas eine Liste der noch lebenden Geiseln in ihrer Gewalt vorlegt. Israel will außerdem wissen, ob die Hamas der im letzten Vorschlag der Vermittler genannten Zahl an palästinensischen Häftlingen zustimmt, die im Austausch gegen Geiseln freizulassen wären.
Das Haupthindernis bei den indirekten Verhandlungen mit Israel sei das Zeitlimit für eine Waffenruhe. Das sagte ein Vertreter der Hamas in Beirut, der namentlich nicht genannt werden wollte, in der Nacht auf Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Israel manövriere bei dem Thema herum, hieß es. Ranghohe Vertreter der US-Regierung, die zusammen mit Katar und Ägypten zwischen Israel und der Hamas vermittelt, hatten dagegen am Samstag gesagt, der Rahmen für eine mögliche Einigung stehe und die Israelis hätten diesen "mehr oder weniger akzeptiert". Eine mögliche Einigung hänge allein an der Hamas.
Zuvor hatte ein hochrangiger US-Vertreters erklärt, der Rahmen für eine sechswöchige Waffenruhe im Gazastreifen stehe. Er erklärte wiederum, die Zustimmung Israels sei da, der Deal hänge aber davon ab, ob die radikal-islamische Hamas einer Freilassung der Geiseln zustimme. "Der Deal ist im Grunde schon da. Aber ich möchte keine Erwartungen in die eine oder andere Richtung wecken." Eine Hamas-Stellungnahme liegt nicht vor. Israel kündigte an, Militäraktivitäten für humanitäre Zwecke einzustellen.
Die Vermittlungsgespräche über eine Feuerpause sollen nach Informationen des ägyptischen Fernsehsenders Al Qahera News TV an diesem Sonntag in Kairo weitergehen. Einen Tag darauf wird der israelische Minister Benny Gantz, Mitglied des Kriegskabinetts, zu Gesprächen mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris im Weißen Haus erwartet, wie unter anderem die "New York Times" am Samstag (Ortszeit) berichtete. Harris dürfte demnach mit Gantz über die Dringlichkeit eines Abkommens zur Befreiung von Geiseln, das eine vorübergehende Feuerpause zwischen Israel und der Hamas ermöglichen würde, sowie über die Notwendigkeit von mehr Nahrungsmitteln und Hilfsgütern für die palästinensische Zivilbevölkerung sprechen, hieß es.
Der Hamas-Vertreter sagte, man sei mit den Vermittlern in Kontakt und weiter bestrebt, eine Lösung zu finden, "um die Aggression gegen unser Volk zu beenden". Die Gespräche liefen noch, sagten auch Vertreter der US-Regierung. Laut Medienberichten sollte einem Vorschlag der Vermittler zufolge möglichst noch vor dem muslimischen Fastenmonat Ramadan, der um den 10. März beginnt, eine sechswöchige Waffenruhe in Kraft treten. In der Zeit sollten 40 israelische Geiseln gegen rund 400 palästinensische Häftlinge ausgetauscht werden.
Kommentare