Was Österreichs Hilfe für die Palästinenser so schwierig macht
Österreich schickt zehn Millionen Hilfsgelder an die Palästinenser. Nur: Die Palästinensergruppen sind einander teils spinnefeind, und auch wie die Mittel verteilt werden, ist kompliziert. Für die Helfer vor Ort hat das Folgen.
In unserer Reihe "Warum sollte mich das interessieren?" behandeln Ingrid Steiner-Gashi und Evelyn Peternel Themen, die manchmal noch weit weg erscheinen, für jede und jeden hier in Österreich jedoch große Bedeutung haben.
Pressekonferenz gab es keine, das schickt sich nicht. Mohammed Shtayyeh, Premier der Palästinensischen Autonomiegebiete, ist schließlich vor zwei Tagen zurückgetreten: Sein Kabinett nahm auf Druck der USA den Hut, ihm folgt ein Technokratenkabinett. Den Termin mit Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg in Ramallah nahm er dennoch wahr.
Das Bild schildert gut, in welcher Zwangslage sich die Autonomiebehörde befindet. Die politische Führung unter Mohammed Abbas ist im eigenen Land verhasst; der Präsident ist seit 2008 im Amt, Wahlen gab es seither nicht. Dazu kommt die Feindschaft mit der Hamas, die die Palästinenser nicht nur geografisch in zwei Welten teilt: Die Hamas kontrolliert den Gazastreifen und führt Krieg mit Israel, hier im Westjordanland, das massiv von den Israelis abhängt, wachsen die Sympathien für die Terroristen. 75 Prozent der Bevölkerung würden der Hamas ihre Stimme geben.
Hammer und Amboss
„Sie fühlen sich zwischen Hammer und Amboss, zwischen Hamas und Israel“, sagt Schallenberg nach dem Gespräch mit dem scheidenden Premier. Dessen Nachfolger, so die Idee, soll nicht nur für Neuanfang stehen, sondern vor allem eines leisten: an einer Lösung der Gaza-Frage mitwirken.
Ob das gelingt, ist mehr als fraglich. Derzeit scheuen sich alle Akteure, Verantwortung für ein Nachkriegs-Gaza zu übernehmen, sowohl die Palästinenserbehörde als auch Israel. Und eine generelle Lösung des Konflikts scheint ohnehin in weiter Ferne: Während Israel in den Gesprächen mit Schallenberg betonte, dass eine von außen aufoktroyierte Lösung – Stichwort Zwei-Staaten-Lösung – inakzeptabel sei, ist in Ramallah die Devise: Wir brauchen den Druck von außen, die globale Anerkennung als Palästinenserstaat.
Die will Schallenberg in Ramallah freilich niemandem versprechen. „Es gibt beim Frieden keine Zwangsheirat“, sagt er, eine Anerkennung sei ein „Schuss, den man nur ein mal setzen kann.“ Dafür gebe es keine Grundlage, keinen politischen Prozess.. Zudem wäre eine Anerkennung auch eine völlige Abkehr der bisherigen österreichischen Haltung gegenüber Israel, um nicht zu sagen: ein massiver Affront.
Allein, dass Schallenberg nach seinen Treffen in Israel nach Ramallah reiste, ist aber eine Änderung in der Wiener Tonlage. Sebastian Kurz hatte mit der Tradition, auch die Palästinenser zu besuchen, gebrochen gehabt. Dass Schallenberg auch ein Zehn-Millionen-Paket im Gepäck hatte, das in den Gazastreifen fließen soll, kann man deshalb auch als zusätzliche Hinwendung lesen – die Kritik an Israel, an der humanitären Lage wird ja auch international lauter.
Wie das Geld aufgeteilt ist, zeigt aber, wie schwierig die Unterstützung der Palästinenser ist. Rotes Kreuz, UNICEF und WHO bekommen Mittel, nicht aber die UNRWA. Mitarbeiter des Flüchtlingswerks, das eigentlich das Gros der Versorgung der Palästinenser trägt, stehen ja im Verdacht, bei den Terroranschlägen vom 7. Oktober mitgemacht zu haben. „Wir müssen rechtfertigen, warum österreichisches Steuergeld hier verwendet wird“, sagt Schallenberg. Problematisch ist nicht nur der Vorfall selbst, sondern auch, dass die Hamas mitunter in UNRWA-Schulbüchern verherrlicht wird. Indoktrination also unter den Augen der UN stattfinden kann.
Österreich ist mit seiner Ächtung der UNRWA aber nicht im internationalen Konsens. Während etwa Deutschland auch seine Mittel gekürzt hat, haben andere Länder die Gelder aufgestockt – Slowenien und Irland etwa. Und Israel hat als Reaktion auf die angebliche UNRWA-Beteiligung ein unsichtbares Druckmittel gegen die UN eingesetzt: Viele Vertreter der Vereinten Nationen im Westjordanland bekommen keine Visa mehr für Israel – etwas, das auch die Arbeit der österreichischen Entwicklungshelfer vor Ort nicht gerade vereinfacht.
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