Polizeigewalt in USA: Tödliche Schüsse ohne Konsequenz
Amerikas schwarzer Basketball-Star LeBron James sprach stellvertretend für Millionen Afro-Amerikaner, als er gestern die kontroverse Justiz-Entscheidung über die tödlichen Polizei-Schüsse gegen die 26-jährige Breonna Taylor so kommentierte: „Ich bin am Boden zerstört, verletzt, traurig, wütend.“
Wütend darüber, dass wenige Stunden zuvor Daniel Cameron (34), der schwarze, republikanische Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Kentucky, erläuterte, warum die tödlichen Schüsse von zwei Cops auf die Notfall-Sanitäterin vor über sechs Monaten in Louisville in ihrer eigenen Wohnung rechtens gewesen seien.
Lediglich gegen einen dritten Beamten, der bei dem Einsatz blind um sich geschossen hatte und dabei eine Nachbar-Familie Taylors in Gefahr brachte, wurde Anklage wegen „mutwilliger Gefährdung“ erhoben. Ihm drohen maximal 15 Jahre Haft.
Taylors Angehörige, die im Rahmen eines Zivilverfahrens von der Stadt Louisville zwölf Millionen Dollar Entschädigung erhalten haben, und etliche Lobby-Gruppen hatten eine Mord-Anklage gegen die Beamten gefordert.
Demo: Cops angeschossen
Der Justiz-Spruch löste am Dienstagabend in New York, Washington, Philadelphia und Atlanta massive Proteste der „Black Lives Matter“-Bewegung aus, die seit dem Tod des von der Polizei auf offener Straße zu Tode geknieten Schwarzen George Floyd Ende Mai in Minneapolis gegen Rassismus und Polizeibrutalität demonstriert. In Louisville wurden bei Protesten zwei Polizisten angeschossen und leicht verletzt. Der Tatverdächtige ist in Haft.
Laut Generalstaatsanwalt Cameron hatten die Beamten am 13. März einen Durchsuchungsbefehl für Taylors Wohnung. Es ging um Drogen, die Jamarcus Glover, ein Ex-Freund Taylors, dort deponiert habe. Bei dem nächtlichen Einsatz sollen sich die Polizisten laut Cameron nach Angaben eines Nachbarn zu erkennen gegeben haben. Über ein Dutzend andere Anwohner haben ausgesagt, sie hätten nichts gehört.
36-mal gefeuert
Als niemand öffnete, klopften die Cops und schlugen kurz danach die Tür ein. Zu diesem Zeitpunkt waren Taylor und ihr damaliger Freund Kenneth Walker, die eigentlich schon im Bett lagen, voller Angst auf den Beinen. Walker glaubte an Einbrecher oder Drogen-Kriminelle. Die in Zivilkleidung erschienen Polizisten hätten sich nicht als solche identifiziert. Walker gab mit seiner legal erworbenen Waffe einen Schuss ab. Ein Beamter wurde am Bein getroffen. Binnen Sekunden erwiderten drei Beamte das Feuer, gaben insgesamt 36 Schüsse ab. Sechs davon, so Cameron, trafen Breonna Taylor, die wenige Minuten später starb. Walker blieb unversehrt.
Wie der Generalstaatsanwalt mehrfach betonte, hätten die Beamten rechtmäßig aus Notwehr geschossen. Der in Kentucky und anderen Bundesstaaten geltende Grundsatz der „castle doctrine“, wonach sich ein Bürger in seiner eigenen Wohnung bei potenzieller Lebensgefahr auch mit tödlicher Waffengewalt legal zur Wehr setzen kann, komme nicht zur Anwendung, weil die Polizisten im dienstlichen Auftrag unterwegs gewesen seien.
Tatsache ist: Bei Breonna Taylor, die nicht vorbestraft war und laut ihrer Familie ein normales Leben führte, wurden keine Drogen gefunden. Die Razzia im März, schreiben lokale Medien, sei ein „gigantischer Irrtum“ gewesen. Die Beweislage, die zur Ausstellung des Untersuchungsbeschlusses führte, war nach Beurteilung des Polizei-Experten Radley Balko „dünn“, der gesamte Einsatz „illegal“.
Trump: „Star“ Cameron
Generalstaatsanwalt Cameron sagte, auch sein Herz sei wegen des Todes von Breonna Taylor „gebrochen“. Strafgesetze seien aber nicht dazu gemacht, „auf jeden Schmerz und Verlust einzugehen“. Cameron ist ein politisches Ziehkind des republikanischen Senatsführers Mitch McConnell und warb auf dem Republikaner-Parteitag vor wenigen Wochen für die Wiederwahl. Donald Trumps. Der Präsident nannte den Juristen einen „Star“, der in der Causa Breonna Taylor einen „fantastischen Job“ gemacht habe.
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