Gibt es einen Deal mit Griechenland?

Griechenland hat mit 1. Jänner den EU-Ratsvorsitz übernommen
Wieder tickt eine Frist im endlosen Schuldendrama: Alles rund um "Grexit" und Eurogruppe in Luxemburg.
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Gibt es einen Deal mit Griechenland?

Das war's fürs Erste mit dem Liveticker: Das Eurogruppen-Treffen ist im Gange. Es könnte wieder einmal spät werden, bevor es Neuigkeiten zu Griechenland gibt - wenn überhaupt.

Die Hoffnungen sind eher vage - aber angeblich hat Varoufakis Vorschläge vorgelegt. Wir sind gespannt - und wünschen noch einen schönen Abend!

Auch so kann es laufen. Die Eurogruppe hat den Bericht - über die Erfüllung der Reformvorgaben - zu Zypern abgesegnet.

Ganze vier Tage hat das Schweigegelübde von Paul Krugman gehalten. Er kann es doch nicht lassen. Den jüngsten Kommentar des US-Wirtschaftsnobelpreisträgers, der auch Österreich dereinst auf dem Höhepunkt der Osteuropa-Turbulenzen zum Pleitekandidaten gemacht hat, gibt es hier.

Die nächste Lange Nacht im Eurodrama: Griechenland wurde vom ersten Punkt der Tagesordnung an den Schluss verschoben. Somit droht die nächste Nachtsitzung.

Offenbar hat Yanis Varoufakis gleich zu Beginn der Sitzung entgegen allgemeiner Erwartung doch Vorschläge unterbreitet, die nun geprüft werden müssen.

Was wären die Folgen, wenn es keine Einigung gibt? "Eine Pleite Griechenlands, letztendlich der Austritt aus der Eurozone und höchstwahrscheinlich aus der EU. Eine bewältigbare Schuldenkrise würde zu einer unkontrollierbaren Krise eskalieren."

Weitere Konsequenzen wären:

  • Galoppierende Inflation
  • Tiefe Rezession
  • Dramatischer Absturz der Einkommen
  • Exponentieller Anstieg der Arbeitslosigkeit
  • Große Risiken für das Bankensystem und die Finanzstabilität

Das apokalyptische Szenario kommt nicht etwa von einer deutschen Quelle, sondern entstammt dem Bericht, den die griechische Nationalbank, die Bank of Greece, gestern an das Parlament und die Regierung übermittelt hat. Nachzulesen hier (englische Zusammenfassung) oder, falls jemand des Griechischen mächtig ist, hier (vollständiger Bericht, PDF mit 141 Seiten).

Der Bericht wurde Medienberichten zufolge von Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou, einer Juristin und Syriza-Politikern, wütend abgewiesen.

Allzu hoffnungsfroh haben die Statements der Euro-Finanzminister ja nicht geklungen. Was sagt die Reaktion der Märkte?

Der DAX, Leitindex an der Börse Frankfurt, hat seine Verluste erstaunlicherweise wettgemacht, liegt gegen 16 Uhr nur noch marginal (-0,08 Prozent) im Minus. Dass die Wall Street klar im Plus eröffnet hat, hilft auch den europäischen Kursen.

Ähnliches Bild für den Wiener Leitindex ATX: Auch er hat aufgeholt, kurz vor 16 Uhr stehen nur noch -0,05 Prozent auf der virtuellen Kurstafel...

Neue Zahlen zum neuen griechischen Volkssport, dem Bank-run: Die Kunden haben laut Bankenkreisen allein zwischen Montag und Mittwoch etwa zwei Milliarden Euro abgezogen. Verständlich, aber nicht gut.

Wenn der IWF sein Geld nicht erhält, darf auch der Eurorettungsschirm ESM seine Kredite fällig stellen: Das bestätigte ESM-Chef Klaus Regling heute bei der Pressekonferenz.

Praktisch zwar irrelevant, weil Athen ohnehin nicht zahlen könnte. Aber bemerkenswert allemal...


Kollegen haben auch bereits den Passus im Vertrag ausgegraben, danke dafür:

Ja, Griechenland kann seine Schulden zurückzahlen: Das behauptet zumindest der Jahresbericht des Euro-Schutzschirmes ESM. Darin steht, dass die Schuldenlast nach den Zahlungserleichterungen in den vergangenen Jahren tragfähig sei.

Begründung: Der pleitegefährdete Euro-Staat habe bis 2023 nur minimale Schuldendienste zu leisten, und auch die Zahlungen danach seien auf viele Jahrzehnte gestreckt. Deshalb spielt es wenig Rolle, dass die Schuldenquote 175 Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung beträgt.

Schelling hat gesprochen: "Uns ist keine neue Liste (von den Griechen, Anm.) bekannt", sagt Österreichs Finanzminister bei seinem Eintreffen. "Die Institutionen haben unglaublich weitreichende Vorschläge gemacht, die fast schon zu weit gehen.

Gibt es einen Deal mit Griechenland?
Allmählich fehlt mir der Glaube und fast schon die Geduld. Wenn Griechenland glaubt, an den Finanzministern vorbei zu spielen und eine Einigung zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs verlagern zu können: Dann müssen kurz danach erst recht wieder die Finanzminister zusammentreten, das ist das Entscheidungsgremium. Wenn es keine neuen Vorschläge gibt, wird das eine kurze Diskussion sein."

"Der IWF ist gegenüber seinen 188 Mitgliedstaaten verpflichtet. Das Geld, das der Fonds verborgt, gehört Staaten wie Senegal, Sri Lanka, und so weiter", sagt IWF-Chefin Christine Lagarde. "Deshalb benötigen wir ein glaubwürdiges Programm. Wir sind aber flexibel. Wenn es Vorschläge gibt, werden wir sie uns ansehen."

Finnlands Finanzminister Alexander Stubb: "Heute wird sicherlich auch über Plan B gesprochen werden, und der heißt Pleite." Ach ja, das Treffen hat übrigens angefangen.

Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici: "Wir reden jetzt nicht über die Atmosphäre, sondern wir haben eine komplizierte Sitzung vor uns. Wir warten auf Vorschläge der griechischen Seite, die noch nicht da sind. Das betrifft die Pensionen und die Mehrwertsteuer, da brauchen wir ein finanziell nachhaltiges Paket.

Dazu müssen wir ruhig Blut und einen kühlen Kopf bewahren. Was auf dem Spiel steht ist sehr wichtig für das griechische Volk, aber auch für die Eurozone. Der Ball liegt bei den Griechen."

Deutschlands Wolfgang Schäuble über die Frage, was anders ist: "Wir sind in Luxemburg statt in Brüssel. Wir warten geduldig, dass Griechenland Fortschritte macht. Die Vorschläge stehen seit 20. Februar fest. Die drei Institutionen haben diese in Berlin zusammenfassend formuliert, damit die Schuldentragfähigkeit gegeben ist. Darauf hat sich die griechische Regierung nicht eingelassen.

Wir hoffen, dass es eine Einigung gibt. An uns liegt es nicht, es liegt ausschließlich an Griechenland. Die Menschen in Griechenland leiden. Wir müssen verhindern, dass es dazu (Grexit, Anm.) kommt."

Der slowakische Vizepremier und Finanzminister Peter Kazimir: "Ich bin nicht wütend, das habe ich nie gesagt. Ich bin nur müde. Wir müssen ehrlich sein, es gibt keine Zeit für Spiele. Wir müssen abliefern und die Griechen müssen realistisch sein, auch wenn es ihnen und uns nicht gefällt. Wir haben viel Zeit verloren. Die Eurogruppe ist nicht nur ein einziges Land, das sind 19 Länder."

Nachgeliefert das Statement des französischen Finanzministers Pierre Sapin: Er hält eine Lösung zwischen Griechenland und der Eurogruppe für möglich. Der Dialog sei wieder aufgenommen, es würden verschiedene Aspekte diskutiert. Jedenfalls gebe es „keine riesigen Unterschiede“ zwischen beiden Seiten.

Sapin betonte, die bestehenden Differenzen seien „überwindbar“, und zwar auf allen Ebenen. Er hoffe, dass die heutige Sitzung und die kommenden Tage eine Lösung möglich machen.

EZB-Chef Mario Draghi ist auch da. Flotten Schrittes, aber wortlos eilt er ins Ratsgebäude. Lässt die EZB demnächst Taten sprechen?

Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan stellt mit seiner englischen Antwort einen neuen Oneliner-Rekord auf. Sein komplettes Statement, übersetzt: "Ich bin immer sehr interessiert, was Yanis Varoufakis zu sagen hat. Warten wir ab, was er zu sagen hat."

Kann man da etwa Vorfreude auf eine weitere Ökonomie-Vorlesung des griechischen Professors heraushören?

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis ist eingetroffen. "Vor einiger Zeit hat Mario Draghi sehr richtig gesagt: Damit der Euro ein Erfolg ist, muss er überall ein Erfolg sein. Das ist genau auf den Punkt. Heute werden wir die Ideen der griechischen Regierung präsentieren. Das Ziel ist, kostspielige Zwietracht mit effektiver Einigkeit zu ersetzen. Vielen Dank!"

Das heißt genau was?

Wer selbst mittendrin statt dabei sein möchte: Der Link zum Live-Webstream des Kommissions-"Fernsehsenders". Warten auf die einzelnen Finanzminister...

Noch einmal Dijsselbloem: Die Ankündigungen vor dem Eurogruppen-Treffen seien nicht sehr vertrauenserweckend gewesen.

Man werde Alternativvorschläge der Griechen anhören, die Zahlen müssten aber am Ende stimmen und es müsse nachhaltig sein.

Die Deadline für Griechenland sei Ende des Monats, wenn das laufende Programm endet.

Sehr knapp gehaltenes Statement von Dijsselbloem: Ein Deal brauche weitere Schritte von der griechischen Seite, damit die Vereinbarung glaubwürdig ist und auch in den nächsten Jahren hält.

Ob heute der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis neue Vorschläge auf den Tisch lege, wisse er nicht. „Ich habe nicht viel Hoffnung“, sagte Dijsselbloem. Er sei nicht sicher, ob es heute ein Abkommen geben werde. Die Institutionen - der neue Name für die Geldgeber-Troika - hätten bereits einige Zugeständnisse gemacht. Jetzt seien die Griechen an der Reihe.

Als Zeitvertreib ein Blick auf die Agenda des Eurogruppen-Treffens. Dieses findet sich hier.

Es geht um (no na) Griechenland, Zypern, Portugal, den IWF-Bericht ("Artikel-4-Überprüfung") zur gesamten Eurogruppe sowie das Arbeitsprogramm für den Rest des Jahres.

Warten auf Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Eigentlich war sein Eingangsstatement für 14.15 Uhr angekündigt. . .

Die griechische Zeitung Kathimerini ventiliert Gerüchte, wonach EZB und Kommission an einem Plan für einen Schuldennachlass arbeiten. Voraussetzung sei allerdings ein Abkommen mit den Geldgebern.

Das klingt nicht völlig unrealistisch: Eigentlich hatten nämlich die Euroländer schon im November 2012 einen Schulden-Nachlass zugesagt, falls Athen einen Primärüberschuss erzielt - das war damals eine Bedingung, damit der IWF an Bord blieb.

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epa04806265 Spanish Economy Minister, Luis de Guindos (L) and Greek Finance Minister Yanis Varoufakis (R) shake hands at the start of the European Stability Mechanism (ESM) Board of Governors, ahead of the Eurogroup Meeting of Finance ministers in Luxembourg, 18 June 2015. Greece denied that it would impose capital controls to stop cash from draining out of its banks, hours before key bailout talks between the near-bankrupt country and eurozone finance ministers. Athens and its creditors - the European Commission, the European Central Bank and the International Monetary Fund (IMF) - are struggling to agree on economic reforms that would free up the Greek bailout aid. EPA/JULIEN WARNAND
Das Lachen ist Yanis Varoufakisjedenfalls noch nicht vergangen. Shake-hands mit dem spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos vor der Jahresversammlung des Euro-Rettungsschirmes ESM.

Aus Russland kommt wohl kein Geld: Griechenland habe nicht nach Finanzhilfe in Moskau angefragt, sagte der stellvertretende russische Finanzminister Sergej Stortschak am Donnerstag zu Reuters.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist bereits in Russland und trifft heute unter anderem Präsident Wladimir Putin. Dabei werde es aber um gemeinsame Projekte und nicht um Kredite gehen. Zudem verfüge der russische Haushalt nicht über die Mittel, um Griechenland unter die Arme zu greifen.

Es wird keinen Aufschub für die Zahlung geben, die Griechenland am 30. Juni an den Internationalen Währungsfonds leisten muss, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde laut Reuters nach einem Treffen mit dem luxemburgischen Finanzminister.

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"Griechenland wäre mit 1. Juli in Zahlungsverzug, aber ich hoffe, dass es nicht dazu kommt", so Lagarde. Am 30. Juni werden insgesamt 1,6 Mrd. Euro fällig. Athen hat das Geld wohl nicht: Die Regierung hat (erlaubterweise) vier einzelne Juni-IWF-Raten zu einer Gesamtzahlung zusammengefasst und für eine frühere Zahlung ihr bestehendes IWF-Konto ausgeräumt.

Die unmittelbaren Konsequenzen eines Zahlungsrückstandes wären allerdings nicht allzu dramatisch. In diesen Fällen setzt der IWF ein langwieriges Prozedere in Gang, das über viele Wochen hinweg nur aus Zahlungs-Aufforderungen und Rückmeldungen besteht.

Erst nach Monaten würden konkrete Schritte wie ein Entzug der Stimmrechte Griechenlands im IWF gesetzt. Das ist keine akute Bedrohung. Entscheidend ist für Athen, was die EZB tut. . .

Lagarde verlangt übrigens, dass die Griechen ihr Pensionssystem "auf intelligente Weise" reformieren. Der IWF bleibe bei den Gesprächen weiter an Bord - das war in den letzten Tagen und Wochen nicht immer klar.

Länger nichts gehört zur Causa Prima von US-Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman, einem der schärfsten Austeritätskritiker. Die Erklärung gibt es hier:

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"Es wird eng, jetzt sollte sich jeder Beteiligte ruhig und überlegt einbringen. Als Außenstehender gibt es nichts zu sagen, was nicht mehrfach gesagt wäre. Deshalb scheint es mir, als sollte ich mich momentan zurückhalten."

Sehr rühmlich. Aber eher die Ausnahme.

Reuters meldet gerade, der griechische Budgetüberschuss sei besser als erwartet ausgefallen.

Der Primärüberschuss - also ohne die Zinsen und den Schuldendienst - liege von Jänner bis Mai 2015 bei 1,506 Milliarden Euro Plus gegenüber dem Zielwert von einem Minus von 556 Mio Euro.

ABER ACHTUNG! Diese Zahlen sind nur mit größter Vorsicht zu genießen: Der Grund ist hauptsächlich, dass die Regierung in Athen ihre Rechnungen im Inland seit geraumer Zeit nicht mehr begleicht. Die Zahlungen werden einfach hinausgeschoben.

Näher an der Wahrheit ist die andere Zahl: Die Haushaltseinnahmen liegen rund eine Milliarde Euro unter Plan. Sie sind von Jänner bis Mai auf 17,048 Milliarden Euro gefallen. Das Ziel waren 18,012 Milliarden Euro.

Wortmeldung eines deutschen Hardliners: Deutsche-Bundesbank-Präsident Jens Weidmann will Griechenland nicht um jeden Preis retten und mahnt zur Eile. Für eine Vereinbarung mit den Geldgebern bleibe nicht mehr viel Zeit, sagte Weidmann in einem Interview mit den Zeitungen „Les Echos“ (Frankreich), „La Stampa“ (Italien) und „El Mundo“ (Spanien).

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Weidmann räumt ein, dass eine Insolvenz Griechenlands riskant sei und Ansteckungseffekte nicht ausgeschlossen wären. Das dürfe jedoch kein Freibrief für Athen sein. Man müsse darauf achten, dass die Grundlagen der Währungsunion als Stabilitätsunion nicht ausgehöhlt werden: „Hilfen und Solidarität gehören dazu, aber eben auch, dass Vereinbarungen eingehalten werden.“

Tsipras' Warnung, Spanien oder Italien könnten das "Grexit"-Schicksal teilen, was zum Zusammenbruch der Währungsunion führen könne, wies Weidmann als „befremdlich“ zurück: „Ich glaube, jeder Beobachter sieht, dass sich die Situation sowohl in Italien als auch in Spanien von der in Griechenland klar unterscheidet."

Das überrascht sogar noch weniger: An der Börse in Athen geht es mit den Aktienkursen weiter bergab: Der Leitindex fiel am Donnerstag gegen Mittag um 4,3 Prozent auf 651,78 Punkte. Das ist der niedrigste Stand seit September 2012, als ebenfalls die Schuldenkrise die Anleger verunsichert hatte. Der Bankenindex gab noch stärker nach, um 5,8 Prozent.

Für zehnjährige Staatsanleihen stieg die Rendite auf 13,171 Prozent - am Vorabend lag die Rendite von 12,993 Prozent. Das ist natürlich ohnehin unfinanzierbar, macht wenig Unterschied. Das Signal ist aber deutlich...

EU-Kommissionssprecher Schinas bestätigt das Telefonat Juncker-Tsipras. Sie hätten zuvor zwei Mal vergebens versucht, einander zu erreichen. Wie lange das Gespräch letztlich dauerte, sagte Schinas nicht: "Ja, es war eine Telefon-Konversation , beide haben vereinbart, in Verbindung zu bleiben. Die Kommission ist bereit, einen Kompromiss auszuverhandeln. Wir sind 24 Stunden, 7 Tage die Woche offen."

Auch der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos habe Juncker am Donnerstagmorgen angerufen und sich über die Vermittlungsbemühungen bedankt.

Griechische Medien sind ebenfalls desillusioniert: "Trotz Faymann-Besuch, trotz Juncker-Telefonat: Kein Durchbruch erwartet", schreibt Ekathimerini. Am Mittwochabend habe es ein Telefonat von Alexis Tsipras mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gegeben, das aber nur 10 Minuten gedauert habe.

Seitens der Kommission sei signalisiert worden, dass das Eurogruppen-Treffen zu Griechenland sehr kurz ausfallen könnte, solange keine neuen Reform-Vorschläge aus Athen auf dem Tisch liegen.

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EU-KommissionssprecherMargaritis Schinas, ein Grieche, wagt ein Scherzchen am Anfang des täglichen Pressebriefings in Brüssel: "Herzlich willkommen an alle, die hier geblieben und nicht nach Luxemburg gefahren sind. Ich bin nicht sicher, ob das die richtige Entscheidung war - trotzdem willkommen."

Anders als zu erwarten verhält sich die Wechselkursentwicklung des Euro: Die Gemeinschaftswährung hat liegt gegen Mittag mit 0,66 Prozent gegenüber dem Dollar im Plus. Das hat aber nicht mit Griechenland zu tun, sondern liegt eher daran, dass die Chefin der US-Notenbank, Janet Yellen, gestern Abend die Spekulationen auf eine Zinserhöhung gedämpft und den Dollar geschwächt hat.

Gibt es eine Einigung mit Athen, dürften die Börsenindizes und der Euro massiv anziehen, erwartet Otmar
Lang, Chefvolkswirt der Targobank.

DAS ist nicht die große Überraschung. Die Börsen sind "nicht amused" über den Hickhack. Der Wiener Leitindex ATX liegt um 11.40 Uhr mit 0,64 Prozent im Minus, der deutsche DAX liegt 1,16 Prozent im roten Bereich und der breite EuroStoxx50 verliert 1,14 Prozent.

„Eigentlich kann es niemand mehr hören, aber eine Lösung für Griechenland so oder so muss her. Und so lange das nicht geklärt ist, geht es bergab“, sagte ein Händler. Belastend wirke sich auch die Unsicherheit über die Entwicklung der US-Konjunktur aus.

EU-WirtschaftskommissarPierre Moscovicihält eine Lösung in der Schuldenkrise weiterhin für möglich, auch
wenn die Zeit knapp wird. Zugleich räumte Moscovici ein, man stehe vor einem „schwierigen“ Eurogruppen-Treffen.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem kündigt ein Eingangsstatement für 14.15 Uhr an. Die Debatte über seinen eigenen Job ist übrigens wegen der Griechenland-Krise vorerst einmal vertagt: Der Präsident der Eurogruppe soll erst im Juli gewählt werden ...

Erstaunliche Analyse der Brüsseler Denkfabrik Bruegel: Wie sehr lagen Prognosen und Realität der griechischen Wirtschaftsentwicklung auseinander? Für die Kritiker des Hilfsprogrammes der Beweis, wie unfähig IWF und Co. sind und welchen Schaden die "Austerität" verursacht.

Nur: Wer hätte 2010 ernsthaft erwartet, dass wir fünf Jahre später noch immer über "Grexit" diskutieren müssen? Wie hätte sich die Wirtschaft seither erholen sollen? Welcher Investor sollte auch nur einen einzigen Euro investieren, solange er befürchten muss, am Ende mit Drachmen dazustehen?

Ein teures Ringelspiel mit Geldspritzen: Die Europäische Zentralbank erhöht Woche um Woche das Limit für die Liquiditätshilfen, mit denen die Athener Notenbank die Institute des Landes am Leben erhält. Laut Insidern stieg diese sogenannte ELA (Emergency Liquidity Assistance) um 1,1 Milliarden Euro auf 84,1 Milliarden Euro.

Das Geld wird aber umgehend wieder abgezogen: Laut greichischer Notenbank haben die Bürger und Unternehmen des Landes in den ersten fünf Monaten des Jahres 29,4 Mrd. Euro von ihren Konten abgehoben. Die Geldeinlagen sind auf rund 128 Mrd. Euro gefallen.

Allein am Mittwoch seien schätzungsweise 950 Mio. Euro abgehoben worden, berichteten griechische Rundfunksender unter Berufung auf Bankenkreise. Ganz kritisch wird es, wenn der Abfluss auf 1 Mrd. Euro pro Tag steigt, heißt es in Athen.

Laut Medienberichten sind rund 20 Mrd. Euro zwar im Land geblieben, aber als Bares in Kisten und Truhen verschwunden...

Die Regierung wehrt sich dennoch strikt gegen Kapitalverkehrskontrollen, die den Abfluss stoppen würden. „Das wird es auf keinen Fall geben. Die Geldeinlagen sind gesichert und das Banksystem ist stark“, sagte der Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis am Donnerstag zum TV-Sender MEGA.

Auf ein "Wunder" hofftder lettische Finanzminister Janis Reirs. Die Möglichkeit eines Staatsbankrotts und Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone sei „sehr groß“. Die Minister der Eurozonen-Länder seien nicht bereit, griechischen Ultimaten nachzugeben, sagte er im lettischen Fernsehen.

Es müsste ein „Wunder“ geschehen, damit die Mitgliedstaaten den Vorschlägen aus Athen zustimmen, nachdem in den letzen fünf Monaten zuvor nichts passiert sei. „Heute ist der letzte Tag, an dem es noch möglich ist, eine Einigung zu erzielen“, sagte Reirs vor dem Treffen der Euro-Finanzminister zum Schuldenstreit mit Griechenland.

„Die Situation wird hart und schwierig sein“, sagte Reirs zu den Folgen eines möglichen „Grexit“. Die Euro-Beamten arbeiteten aber weiterhin am „Plan A“ - dem Verbleib Griechenlands in der Eurozone.

Bemerkenswerter Exklusiv-Beitrag des griechischen Premiers Alexis Tsipras im deutschen "Tagesspiegel", der sich immer mehr als inoffizielles Regierungsorgan Athens herauskristallisiert. Die englische Version finden Sie auf der Regierungsseite, nämlich hier.

Tsipras wehrt sich darin gegen den "Mythos", dass der deutsche Steuerzahler die griechischen Pensionen und Löhne bezahle. "Das ist absolut falsch." Die Pensionen seien in Relation zum Bruttoinlandsprodukt in den letzten Jahren nur deshalb stark angestiegen, weil das BIP, die Wirtschaftsleistung stark eingebrochen ist.

Das faktische durchschnittliche Pensionsantrittsalter sei für die griechischen Männer 64,4 Jahre, acht Monate früher als in Deutschland (65,1 Jahre) . Für die Frauen seien es 64,5 Jahre, dreieinhalb Monate später als in Deutschland (64,2).

Tsipras räumt ein, dass das Sozialsystem große Probleme hat. Eines davon sei, dass die Generationen-Solidarität auf den Kopf gestellt werde. Nicht die jungen Arbeitskräfte bezahlen mit ihren Beiträgen die Pensionen der Alten, sondern die Pensionisten müssen die jungen Arbeitslosen über Wasser halten.

Wichtigster Termin des Tages ist das Eurogruppen-Treffen in Luxemburg - es beginnt um 15.00 Uhr. Auf der Agenda stehen (nona) Griechenland, Zypern und Portugal, aber auch der regelmäßige Bericht des Internationalen Währungsfonds über die Eurozone als Ganzes, die sogenannte "Artikel 4-Überprüfung".

Eingangsstatements der eintrudelnden Finanzminister sind ab ca. 14.00 Uhr zu erwarten.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung im Bundestag über ihren Kurs in der griechischen Schuldenkrise gesprochen. Die KURIER-Story dazu gibt es hier.

Kernaussage: Es liegt an Athen: "Falls Griechenland den politischen Willen aufbringt, ist eine Einigung immer noch möglich." Allerdings müssten die im Februar zugesagten Reformen jetzt umgesetzt werden.

Was steht heute auf dem Programm? Passenderweise hält heute der Euro-Rettungsschirm ESM seine Jahresversammlung ab und nimmt den Bericht für das abgelaufene Jahr 2014 an. Für 14.30 Uhr ist eine Pressekonferenz angekündigt.

ESM-Chef Klaus Regling ließ bereits im Vorfeld 2014 Revue passieren: "Man wird sich an 2014 als das Jahr erinnern, in der die Eurozone als Ganzes die Krise hinter sich gelassen hat. Das gilt aber nicht für jedes Land. Portugal hat sein Programm 2014 abgeschlossen, so wie Spanien und Irland schon ein Jahr davor."

"Spanien hat mit der Rückzahlung von Teilen seiner ESM-Kredite begonnen. Ein gutes Zeichen, es beweist, dass das Programm (zur Bankensanierung, Anm.) gut funktioniert hat. Irland und Portugal haben damit begonnen, Ihre Kredite an den Internationalen Währungsfonds zurückzuzahlen. Auch das sehen wir sehr positiv."

Einen Ausreißer gibt es auch: "Griechenland ist eine andere Kategorie. Dort haben wir substantielle Reformen bis Mitte 2014 gesehen, die Wettbwerbsfähigkeit hat sich verbessert, das Wachstum ist zurückgekommen, Griechenland konnte erstmals sogar wieder Staatsanleihen ausgeben. Seit Ende 2014 hat sich die Lage verschlechtert."

Schönen Vormittag! Wieder einmal steht es Spitz auf Knopf für Griechenland. Die Ausgangslage vor dem Eurogruppen-Treffen in Luxemburg ist schlecht, der Karren verfahren: Es gibt dem Vernehmen nach nicht einmal ein Kompromisspapier, über das die Finanzminister diskutieren könnten. Bewegt sich doch noch etwas? Der KURIER hält Sie mit einem Newsticker über alles rund um das Thema "Grexit" auf dem Laufenden.

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