Tibetische Aktivisten in Wien: "Wenn wir unsere Kultur nicht erhalten, stirbt sie aus"
Für die tibetische Bewegung ist es eine äußerst herausfordernde Zeit. Während die chinesische Regierung ihre Kontrolle über Tibet verschärft wie nie zuvor, geht Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama, auf seinen 90. Geburtstag zu.
Jahrzehntelang reiste das geistliche Oberhaupt des tibetischen Buddhismus um die Welt und erzählte von der Unterdrückung seines Volkes. Heute ist er kaum noch medial präsent – und das in einer Zeit, in der die meisten geflüchteten Tibeter sich selbst dem Pensionsalter nähern.
Damit, sagte der Dalai Lama 2021, „liegt die Verantwortung nun bei den jungen Tibetern im Exil, den Stab weiterzutragen.“
Aktivistengruppe in Wien gegründet
Zomkey Tenzin ist eine von ihnen. Die 22-Jährige Studentin ist als Tochter tibetischer Eltern in Wien aufgewachsen. „Ich habe immer erlebt, dass ältere Menschen in Österreich gut über Tibet Bescheid wissen“, sagt sie, „jüngere aber oft gar nicht.“
Zomkey Tenzin ist die aktuelle Koordinatorin einer Gruppe junger tibetischer Aktivisten in Österreich namens V-TAG (Voluntary Tibet Advocacy Group). Zur Gründung solcher Gruppen hatte die tibetische Exilregierung in Indien 2021 aufgerufen, sie existieren heute in 14 Ländern. Der Österreich-Ableger besteht seit bald einem Jahr.
Zur Ausbildung und um sich untereinander zu vernetzen, ließ die Exilregierung Hunderte V-TAG-Mitglieder aus aller Welt ins indische Dharamsala einfliegen, wo auch der Dalai Lama residiert. Dort lernten sie nicht nur Neues über die eigene Kultur, sondern auch, wie Videos mit aktivistischen Inhalten in den sozialen Medien viral gehen können.
Enormer Druck lastet auf den Schultern der Jungen
Im Vergleich zu ihrer Elterngeneration haben die jungen Aktivisten einen entscheidenden Vorteil, sagt die 25-jährige Marianne Trinley, Mitglied von V-TAG Austria: „Wir sind alle in der Diaspora aufgewachsen. Wir sind also Tibeter, aber auch Teil des Landes, in dem wir leben.“
Deshalb, so die Idee, könne die zweite Generation viel besser einschätzen, „welche politischen Themen im jeweiligen Land relevant sind“. Bisher knüpfte die Gruppe vor allem Kontakte zur österreichischen Politik. In Zukunft will man eigene Kampagnen entwickeln, „von denen wir ausgehen, dass sie hier von der Politik gesehen werden“, so Trinley.
Der Druck könnte kaum größer sein: Während China gezielt gegen die tibetische Sprache und Kultur vorgeht, wächst die junge Generation von Exil-Tibetern in anderen Kulturkreisen auf. Marianne Trinley: „Wenn wir unsere Kultur nicht erhalten, stirbt sie aus.“
Kommentare