Thailand: Drei Finger gegen den König
„Wenn die königliche Wagenkolonne eintrifft, keine Schimpfworte bitte.“ Der Demokratie-Aktivist Anon Numpa warnte am Mittwoch seine Mitstreiter, weil Majestätsbeleidigung in Thailand immer noch mit drakonischen Haftstrafen bis zu 15 Jahren geahndet wird.
Als der unbeliebte König endlich vorbeifuhr, streckten ihm viele Demonstranten stumm drei Finger entgegen.
Diese Geste ist der Filmreihe „Die Tribute von Panem“ entnommen und Ausdruck des Protests.
In Anlehnung an Harry Potters Bösewicht Lord Voldemort nennen sie den König jetzt auch: „Er, dessen Name nicht genannt werden darf“.
Urlaub in Bayern
Maha Vajiralongkorn oder Rama X. hat sich nach fast dreivierteljährigem Urlaub in Bayern diese Woche erstmals wieder in Bangkok gezeigt. Der 68-jährige Playboy, der samt Entourage ein Luxushotel in Garmisch-Partenkirchen bewohnte und dort während des Corona-Lockdowns wilde Feste gefeiert haben soll, ließ 14.000 Polizisten gegen die friedlichen Demonstranten antreten.
An Deeskalation denkt Rama X. nicht. Im Gegenteil: In dieser Woche wurden der Ausnahmezustand ausgerufen, Versammlungen von mehr als fünf Menschen verboten, außerdem die Verbreitung von Online-Nachrichten verboten, die „Angst erzeugen“, die nationale Sicherheit beeinträchtigen oder die öffentliche Moral schädigen.
Die Protestbewegung will sich nicht einschüchtern lassen. Sie ist jung und kreativ. Seit Monaten gehen Studenten und Arbeiter für Demokratie, gegen den König und für ein Ende der Militärdiktatur auf die Straße. „Der Stil der Demonstrationen ist neu, so etwas hat es vorher noch nicht gegeben“, sagt Kevin Hewison, emeritierter Professor für Asienstudien an der Universität von Chapel Hill in North Carolina.
Der Menschenrechtsaktivist Anon Nampa, eines der bekanntesten Gesichter der Bewegung, der immer wieder verhaftet wurde, sagt: „Wir haben das Thema seit vielen Jahren unter den Teppich gekehrt“. Viele hätten aber heute brennende Fragen bezüglich der Befugnisse der Monarchie. Es gehe nicht darum, diese abzuschaffen, sondern darum, ihr nicht immer noch mehr Macht einzuräumen. Die Demonstranten fordern eine „bessere Politik“ und weniger Macht dem König.
Rama X. wird von der amtierenden Militärregierung unterstützt. Der Rücktritt, des ehemaligen Putschgenerals und heutigen Regierungschefs Prayuth Chan-ocha gilt als unwahrscheinlich. Eine Lösung wären Neuwahlen.
60 Milliarden Vermögen
Der König hat seine Machtbefugnisse in den vier Jahren seiner Regentschaft ungeniert ausgeweitet und regiert auch im engsten Umfeld willkürlich. So ließ er seine offizielle Konkubine Koi 2019 ins Gefängnis werfen. Kürzlich wurde Koi begnadigt und nach Bayern geholt.
Seit 2018 hat Rama X. die direkte Kontrolle über die royalen Besitztümer übernommen. Bis dahin war das Vermögen von der königlichen Finanzverwaltung betreut worden, dem Crown-Property-Bureau. Der Lebemann Vajiralongkorn gilt mit einem geschätzten Vermögen von rund 60 Milliarden Euro als reichster Monarch der Welt. Im September war bekannt geworden, dass der flugbegeisterte Regent mit Pilotenschein 38 Jets und zwei Dutzend Helikopter besitzt.
Die Demokratie-Aktivisten haben dem König einen Brief zukommen lassen mit zehn Vorschlägen für eine Reform. Sie wollen die Befugnisse des Monarchen einschränken.
Doch die Thailänder sind, was die Monarchie betrifft, zutiefst gespalten. Immer noch wird Maha Vajiralongkorns Vater Bhumibol „landesweit respektiert und fast gottgleich verehrt“, sagt Paul Chambers, Militärexperte an der Naresuan-Universität im Norden des Landes. Daher beten die Royalisten auch den missratenen Sohn an, einfach weil er der Spross des verstorbenen Bhumibol und seiner hochbetagten Gemahlin Sirikit ist.
Die Berichte über die Eskapaden des Herrschers sind zwar bekannt, aber unter Königstreuen kein Thema.
Konflikte mit Royalisten
Nach der Rückkehr von Rama X. nach Bangkok kam es zu Zusammenstößen zwischen den gelb gekleideten Royalisten und den jungen Demonstranten. Während sich die einen vor der Fahrzeugkolonne des Königs aus Ehrfurcht auf den Boden warfen, zeigten die anderen drei Finger.
Auf dem riesigen Platz Sanam Luang unweit des alten Königspalastes wurde eine Messingtafel angebracht und gleich wieder abmontiert. Die Inschrift: „Dieses Land gehört dem Volk und nicht dem Monarchen“. Diese Plakette ziert jetzt T-Shirts, Smartphonehüllen und Schlüsselanhänger.
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