Taliban: Opium, Stammesrecht und die Liebe zu Pick-ups

Taliban: Opium, Stammesrecht und die Liebe zu Pick-ups
Die Taliban wollen nach ihrem Eroberungsfeldzug ein „Islamisches Emirat Afghanistan“ errichten. Doch wer sind die schwer bewaffneten Kämpfer, woran glauben sie und was wollen sie?

Es ist der 15. August, als die Talibankämpfer den Präsidentenpalast in Kabul betreten, ihre Kalaschnikows ablegen und verkünden: „Der Krieg in Afghanistan ist vorbei.“ Nach 20 Jahren haben sie die Macht in dem verarmten und kriegsgebeutelten Land wieder übernommen. Wer sind die militanten Islamisten, die einst mit brutaler Repression regierten und sich nun so gemäßigt geben?

Ideologie
1994 in afghanischen Flüchtlingslagern in Pakistan entstanden, ist die Ideologie der Taliban nicht mit jener anderer islamistischer Gruppierungen vergleichbar. Die Taliban sind keine Rechtsgelehrten, sondern kommen aus dem einfachen Volk. Ihre Weltanschauung ist eine puritanische Interpretation des sunnitischen Islam, der mit paschtunischem Stammesrecht und Nationalismus vermischt wird. So wird zum Beispiel die Blutrache teilweise akzeptiert, obwohl sie der Scharia nach verboten sein muss. „Lokale Strömungen werden sehr radikal gelebt. Das ist der Unterschied zu Al Kaida oder dem Islamischen Staat“, sagt der deutsche Konfliktforscher und Afghanistan-Experte Conrad Schetter.

Expansionsbestrebungen
Da die Taliban ein regionaler Akteur sind, haben sie auch kein Interesse an Vorgängen in Jerusalem, Washington oder dem Rest der Welt. „Sie wollen kein globales Kalifat“, erklärt Politikwissenschafter Thomas Schmidinger. Daher hätten sie auch nie Anschläge im Westen durchgeführt. Laut Schmidinger versuchte eine Bewegung innerhalb der Taliban in den 90er Jahren, den damaligen Anführer Mullah Omar zu überreden, ein solches Kalifat auszurufen. Doch er lehnte ab, weil seine Agenda eine rein afghanische war. Daher seien die jetzigen Beteuerungen der Taliban, keine weiteren Gebiete erobern zu wollen, durchaus glaubhaft.

Kommentare