Syrien: Trump verliert im „Krieg der Worte“ die Fassung
Es war nicht der erste „Krieg der Worte“, den sich Donald Trump und die mächtigste Frau im Kongress von Washington geliefert haben. Aber was am 1000. Tag
einer Land und Leute zunehmend erschöpfenden Präsidentschaft beim Aufeinandertreffen mit der Demokratin Nancy Pelosi vonstattenging, wird wohl in die Geschichtsbücher eingehen.
Erkennbar gepeinigt von einem anschwellenden Amtsenthebungsverfahren und den Nachbeben seiner Tod, Elend und Flucht auslösenden Syrien-Kurden-Entscheidung, hat Donald Trump am Mittwoch dermaßen ausgeteilt, dass Pelosi sich am Ende um seine Zurechnungsfähigkeit sorgte: „Ich glaube, wir müssen für seine Gesundheit beten.“
Ausgangspunkt war die bisher derbste Ohrfeige, die Trump kurz zuvor im Kongress kassiert hatte. Das Repräsentantenhaus hatte den von ihm befehligten Abzug der US-Soldaten aus Nordsyrien, der den türkischen Militär-Einsatz gegen die Kurden-Milizen erst möglich machte, mit 354 zu 60 Stimmen als falsch verurteilt.
„Majestätsbeleidigung“
Rund 130 Abgeordnete aus der von Trump dominierten republikanischen Partei haben ihrem Commander-in-Chief damit das Misstrauen ausgesprochen. Eine Premiere. Mit dem Gefühl der Majestätsbeleidigung ging Trump später in ein Meeting mit den demokratischen Spitzen um Pelosi.
Die Opposition wollte wissen, wie der Plan aussieht, ein von vielen Experten vermutetes Wiedererstarken des Terror-Netzwerks „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien zu verhindern. Trump, wie Fotos belegen, sichtlich erregt, warf den Demokraten vor, mit den „kommunistischen“ Kurden zu sympathisieren.
Er wiederholte, was er zuvor am Rande eines Besuchs des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella sinngemäß zum Besten gegeben hatte: Amerika geht der Kampf zwischen Türken und Kurden und Syrern nichts an! Auf den Vorhalt der Demokraten, dass sein vor gut einem Jahr zurückgetretener und bis dahin von ihm verherrlichter Verteidigungsminister James Mattis vehement für den Verbleib der Ordnungsmacht USA in Syrien plädiert hatte, blaffte Trump zurück, Mattis sei der „am meisten überschätzte General der Welt“.
Er sei einfach nicht tough genug gewesen. Die Augenbrauen auf demokratischer Seite gingen noch höher, als Trump sich mit Selbstlob für einen Brief an Recep Tayyip Erdoğan überschüttete, der in diplomatischen Kreisen als „beschämend“ und in US-Medien als „unterste Schublade“ charakterisiert wird.
Misslungener Brief
Trump hatte den türkischen Präsidenten am 9. Oktober aufgefordert, auf das „Abschlachten Tausender Menschen“ in Nordsyrien zu verzichten, weil er, Trump, sonst die türkische Wirtschaft „zerstören“ werde: „Seien Sie kein harter Kerl.“
„Seien Sie kein Narr!“, beendete Trump die Botschaft, „ich rufe Sie später an“. Erdoğan, der gestern US-Vize Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo in Ankara empfing, soll das Papier in den Abfall geworfen haben. Pelosi warf Trump vor, durch seine Entscheidung Russland ein neues Entree in Syrien verschafft zu haben: „Mit Ihnen führen alle Straßen zu Putin.“
Trump nannte die 79-Jährige, die formal die Nr. 3 im Staat ist, eine „drittklassige Politikerin“. Darauf brach die demokratische Delegation die Unterredung ab, begleitet von Trumps Abschiedsgruß: „Wir sehen uns an den Wahlurnen.“ Während Pelosi dem Präsidenten einen „Ausraster“ bescheinigte, trat Trump auf Twitter nach. Pelosi habe entweder einen Dachschaden – oder sie hasse Amerika.
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